Während viele Menschen die Zeit vom Smartphone ablesen, schauen wir Uhrenfans dafür noch immer lieber auf unsere mechanische Armbanduhr. Nicht selten kommt es dabei vor, dass wir nach dem Blick auf die Uhr gar nicht wissen, wie spät es ist. Wir haben das schöne Stück einfach nur angeschaut, die Uhrzeit war Nebensache. Dass faszinierende an einer hochwertigen Uhr ist – neben ihrer Funktionen – das Design, und das wird maßgeblich vom Zifferblatt bestimmt. Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie das Blatt ihrer Uhr gestaltet ist und welche Verfahren angewendet wurden, damit es seinen einzigartigen Look erhält?
Was ist das Zifferblatt?
Nüchtern betrachtet ist das Zifferblatt das sichtbare Element, über das die Uhr die Uhrzeit und – je nach Modell – auch andere Informationen anzeigt. Emotionaler gesehen ist das Zifferblatt das charakteristische Gesicht einer Uhr und bestimmt als zentraler Bestandteil deren Gesamtstil und ästhetisches Erscheinungsbild. Luxusuhrenhersteller legen daher großen Wert auf die Details ihrer Zifferblätter, um ihren Modellen einen einzigartigen und ansprechenden Look zu verleihen. Das oft kunstvoll gefertigte Zifferblatt wird praktisch immer durch ein Uhrglas, das beispielsweise aus Saphirkristall bestehen kann, geschützt.
Die Bestandteile eines Zifferblatts
Stundenmarkierungen: Die Stundenmarkierungen prägen das Gesicht einer Uhr maßgeblich. Besonders populär sind Punktindizes wie bei der Rolex Submariner, Strichindizes, wie sie beispielsweise eine Omega Planet Ocean besitzt, oder römische Ziffern, die wir etwa bei der Cartier Santos sehen können. Insbesondere bei Fliegeruhren setzen die Hersteller auf arabische Zahlen. Abhängig von Modell und Ausführung können die Indizes appliziert oder aufgedruckt sein.
Minutenmarkierungen: Viele Zifferblätter besitzen eine sogenannte Minuterie. Diese befindet sich oberhalb oder zwischen den Stundenindizes und hat oft die Form einfacher Striche. Die Minutenmarkierung ist in den allermeisten Fällen auf das Zifferblatt gedruckt.
Hilfszifferblätter: Chronographen und Uhren mit anderen Komplikationen sind zusätzlich mit Hilfszifferblättern- oder Komplikationsanzeigen ausgestattet. Diese zeigen Informationen wie Stoppfunktion, Mondphase, Datum oder Tag an.
Mehr über Komplikationen erfahren Sie im Artikel meines Kollegen Thomas.
Logo und Markenname: Die meisten Zifferblätter tragen das Logo und den Markennamen des Uhrherstellers: Gerade bei Luxusuhren ist dieser bedeutsam. Wer würde schon gerne eine Rolex oder Patek Philippe tragen, wenn der Name nicht darauf stehen würd. Und was wäre die Uhr dann wohl noch wert?
Material und Verzierungen: Besonders kunstvolle Zifferblätter werden mit verschiedenen Verzierungen wie Guilloche-Mustern, raffinierten Gravuren, Perlmutt oder Edelsteinen aufgewertet. Besonders exotisch sind Zifferblätter, die aus Meteoritgestein bestehen.
Zeigerspiel: Das Zeigerspiel bestimmt den Charakter einer Uhr ebenfalls in hohem Maße. Sportliche Uhren sind oft mit Stab-, Obélisque- oder Mercedes-Zeigern ausgestattet. Elegante Uhren besitzen beispielsweise Breguet-, Feuille- oder Kathedral-Zeiger.
Warum haben einige Uhren mehrere Zifferblätter?
Uhren mit mehreren Zifferblättern, die auch als Hilfszifferblätter, Totalisatoren oder Komplikationen bezeichnet werden, bieten neben der eigentlichen Zeitanzeige zusätzliche Funktionen und Anzeigen. Als Designelement verändern sie das ästhetische Erscheinungsbild und tragen zum grundlegenden Charakter der Uhr bei. Uhren können aus den folgenden Gründen mehrere Zifferblätter haben:
- Erweiterte Funktionen: Besonders beliebt sind Chronographen. Hier gibt es Varianten mit zwei Hilfszifferblättern im sogenannten Bicompax-Design und solche mit drei Totalisatoren (Tri-Compax). Besonders begehrt: Chronographen mit Panda-Zifferblatt. Auch das Datum und der Wochentag können über zusätzliche Zifferblätter angezeigt werden, wie es etwa bei Uhren mit retrograder Anzeige der Fall ist. Hier wird jede Funktion auf einem separatem Zifferblatt angezeigt. Eine weitere beliebte Komplikation ist die Mondphase, die über ein separates Fenster auf dem Zifferblatt dargestellt wird und sich den Platz häufig mit der kleinen Sekunde oder dem Datum teilt.
- Komplexe Uhrwerke: Es gibt auch Uhren mit zwei oder mehreren kompletten Zifferblättern. Ein bekanntes Beispiel ist die Jaeger-Le-Coultre Reverso Duoface mit ihrem legendären Wendegehäuse. Dreht man das Gehäuse, befindet sich auf jeder Seite ein Zifferblatt mit Anzeigen für Stunden, Minuten und Sekunden.
- Tradition und Handwerkskunst: Viele traditionelle Uhrmacher verwenden Hilfszifferblätter, um ihre Handwerkskunst und ihr technisches Können zu demonstrieren. Die Fähigkeit, komplizierte mechanische Funktionen in einem begrenzten Raum darzustellen, ist eine Herausforderung für ambitionierte Uhrmacher. Auch hier ist eine Jeager-LeCoultre weit vorn. Die Reverso Hybris Mechanica Calibre 185 besitzt gleich vier Zifferblätter und elf Komplikationen.
Welche Arten von Zifferblättern und Finissierungen gibt es?
Guilloche
Die Guilloche ist eine Technik, die in der Uhrmacherei oft angewandt wird, um dem Zifferblatt nicht nur Tiefe zu verleihen, sondern auch die hohe Kunst der Zifferblattgestaltung zu betonen. Aus technischer Sicht ist es eine Kunstform, mit der Ornamente mit sich wiederholenden Mustern oder mit Moiré-Effekt, bei dem Linienraster übereinandergelegt werden, in ein Zifferblatt graviert werden. Die traditionellste Variante des Guillochierens erfolgt an einer Drehbank, einer manuell bedienten Maschine. Hier wird das Zifferblatt um die eigene Achse gedreht, während ein spitzes Werkzeug mit leichtem Druck haarfeine Linien eingraviert und die sogenannte Tapisserie erstellt.
Guillochierte Zifferblätter können auf zweierlei Weise angefertigt werden: maschinell oder von Hand. Nehmen wir das berühmte Motiv der Audemars Piguet Royal Oak Grand Tapisserie, das auch als „Clous de Paris“ bezeichnet wird, weil es an die Pariser Kopfsteinpflasterstraßen erinnert. Dieses Muster wird mithilfe einer Drehmaschine und einer Geradezugmaschine handguillochiert. Durch das Zusammenspiel der kreisförmigen und geraden Bewegungen entsteht dieses wunderschön gemusterte Zifferblatt. Das maschinelle Guillochieren ist ein stärker automatisiertes Verfahren, das unter Aufsicht des Guillocheurs erfolgt.
Beide Verfahren erfordern ein hohes Maß an Geschick, Kunstfertigkeit, Geduld, Konzentration und natürlich Sachverstand. Abschließend seien noch die vielen verschiedenen Guilloche-Arten erwähnt, wie das Hufnagelmuster, das Gerstenkornmuster, Vieux Panier, der Sonnenschliff und das Grenadier-Muster, um nur einige zu nennen.
Emaille-Zifferblätter
Emaille ist, wie das Guillochieren, eine Technik, die in der Uhrmacherei zum Einsatz kommt, um Zifferblätter anzufertigen, die zu den schönsten der Welt gehören. Ähnlich wie die Guilloche ist sie eine Kunstform, die ein hohes Maß an technischem Können erfordert. Doch was genau bedeutet der Begriff und welche Techniken gibt es?
Emaille ist ein sogenanntes Schmelzglas, das aus Silikat, Bleioxid und Soda besteht. Mit anderen Stoffen vermischt, kann Emaille leuchtende Farbtöne mit einer subtilen, geheimnisvollen Tiefe annehmen. Zum Einfärben von Emaille verwendete Stoffe sind unter anderem Eisen, Chrom und Jod, die Grau-, Grün- bzw. Rottöne erzeugen. Wird Emaille auf Temperaturen von 800 bis 1200 °C erhitzt, wird sie flüssig und haftet an Metall. Auf Zifferblätter wird sie mit einem Gänsekiel aufgetragen. Dabei muss sie schrittweise aufgebracht werden, damit die richtige Tiefe entsteht und so die gewünschte Farbnuance erreicht wird.
Für Emaille gibt es keine allgemeingültige Rezeptur und genau da wird das Handwerk zur Kunst. Emailkünstler können durch verschiedene Mischungsverhältnisse von Silikat und Metalloxiden eine unendliche Farbpalette erzeugen. Genau genommen ist der Prozess des Emaillierens eine dekorative Kunstform, die vom ersten bis zum letzten Handgriff ein hohes Maß an Können und Geduld erfordert. Das Problem bei Emaille ist, dass sie schwierig zu kontrollieren ist. So kann es jederzeit passieren, dass während der Herstellung eines Emaille-Zifferblatts Risse oder Luft- bzw. Gasbläschen auftreten. Diese können winzige Löcher hinterlassen oder den gewünschten Farbton verändern.
Jedes Emaillierverfahren erfordert Geschick und Präzision. Die am weitesten verbreiteten Emailarten in der Haute Horlogerie sind Grand Feu, Cloisonné und Champlevé. Der Begriff Grand Feu bezieht sich üblicherweise auf ein spezielles Verfahren, bei dem der Handwerker Oxide in Schichten auf das Zifferblatt aufträgt und dieses mehrmals brennt, sodass die Motive und Farben allmählich sichtbar werden. Die so entstandenen Dekore sind hinterher nicht mehr veränderbar, was diesen Zifferblättern einen Hauch von Ewigkeit verleiht.
Cloisonné ist eine Emailtechnik, bei der zuerst die Umrisse des Zifferblattdesigns mit Golddraht oder dünnen Cloisons (franz. für Scheidewände) auf das Zifferblatt aufgebracht werden, woraus letztlich ein Muster entsteht. Diese bleiben sichtbar, nachdem das Blatt fertiggestellt wurde und grenzen die einzelnen, meist verschiedenfarbigen Emaille- oder Intarsienzellen voneinander ab. Beim Cloisonné-Verfahren kommt ein Emailpulver zum Einsatz, das zu einer Paste verarbeitet wird, die dann im Ofen gebrannt wird.
Champlevé ist ein Emaillierverfahren, bei dem Metall mit einem Werkzeug, meist einem Stichel, ausgeschabt wird und die so entstandenen Vertiefungen mit Emaille gefüllt werden. Das Werkstück wird dann erhitzt, bis die Emaille schmilzt, und nach dem Abkühlen poliert.
Skelettierte Zifferblätter
Ein skelettiertes Zifferblatt wird dann eingesetzt, wenn der Blick auf das Uhrwerk freigegeben werden soll. Um dies zu ermöglichen, werden Teile des Zifferblatts durchbrochen oder ausgeschnitten.
Oft werden skelettierte Zifferblätter mit Verzierungen und Gravuren versehen, um die Ästhetik und Schönheit des Uhrwerks noch mehr zu betonen. Der Herstellungsprozess erfolgt in verschiedenen Schritten. Zunächst macht sich ein Designer an die Arbeit und bestimmt die Ästhetik des Zifferblatts. Bei diesem Arbeitsgang entscheidet der Designer auch, welche Stellen des Blatts durchbrochen werden sollen, um das Uhrwerk sichtbar zu machen. Im nächsten Schritt erfolgt die Bearbeitung des Blatts, das aus (Edel)-Metall oder anderen geeigneten Materialien bestehen kann. Hierbei werden die Stellen ausgeschnitten bzw. durchbohrt, die der Designer zuvor festgelegt hat. Ob dies maschinell oder von Hand geschieht, hängt vom jeweiligen Hersteller und Modell ab.
Nachdem die entsprechenden Stellen freigelegt wurden, geht es an die Verzierung mit kunstvollen Finissierungen. Die Details können von Hand oder mithilfe von Präzisionswerkzeugen erstellt werden. Ist das Blatt fertig verziert, wird die Oberfläche bearbeitet. Je nach gewünschtem Finish wird das Zifferblatt etwa poliert oder gebürstet, um die gewünschte Oberflächenstruktur und -glätte zu erzielen. Danach montiert der Uhrmacher das Uhrwerk in das Gehäuse und das skelettierte Zifferblatt auf das Werk. Nachdem auch die Zeiger gesetzt und Indizes appliziert sind, geht es an den Zusammenbau der gesamten Uhr.
Sie haben nun ein paar Techniken kennengelernt, mit denen Zifferblätter gestaltet werden, die zu den Interessantesten und Schönsten auf dem Markt gehören. Wollen Sie noch mehr über die Bestandteile einer Uhr erfahren? Dann schauen Sie mal hier rein:
Der Oszillator – Herz einer jeden Uhr