07.08.2019
 4 Minuten

Bedeutet die Einstellung der Produktion immer auch eine Wertsteigerung eines Modells?

Von Tom Mulraney
Bedeutet die Einstellung der Produktion immer auch eine Wertsteigerung eines Modells?

Bedeutet die Einstellung der Produktion immer auch eine Wertsteigerung eines Modells?

Wir haben es schon des Öfteren erlebt: Ein großer Hersteller verkündet überraschend das Ende der Produktion oder eine wenig beliebte Veränderung eines gefragten Modells. Schon können sich autorisierte Händler von Anfragen nicht mehr retten und die Nachfrage übersteigt schnell das Angebot. Die Folge: Die Preise auf dem Sekundärmarkt schießen in den Himmel. So erscheint es zumindest oft auf den ersten Blick – in Wirklichkeit ist es aber nicht immer so.

Das Phänomen konnte in jüngster Vergangenheit bei der Rolex GMT-Master II Ref. 116710BLNR – besser bekannt als die Batman – beobachtet werden. Im Vorfeld der Baselworld 2019 hatten sich bereits Gerüchte verdichtet, dass Rolex diese Referenznummer ersetzen werde. Ein Jahr zuvor hatte das Unternehmen die Rolex Pepsi, genauer gesagt die Rolex GMT-Master II Ref. 126710BLRO vorgestellt. Das Modell hatte neue Standards in Ästhetik und Mechanik gesetzt und so schien es wahrscheinlich, dass die Batman ebenso überarbeitet werden würde. Es war also keine große Überraschung, als Rolex die neue Referenz 126710BLNR vorstellte.

 

Rolex GMT-Master II "Batman" 116710BLNR
Rolex GMT-Master II „Batman“ 116710BLNR

Der Knackpunkt für viele Fans war die Tatsache, dass die Batman statt mit Oyster-Armband von nun an ausschließlich mit dem Jubilé-Armband erhältlich sein sollte. Die Preise für die Original-Referenz 116710BLNR waren in der Vergangenheit kontinuierlich gestiegen – wenn auch langsam. Dann aber stiegen sie rasant. Ob es Spekulante waren, die die Preise in der Hoffnung auf schnellen und ertragreichen Profit in die Höhe trieben oder Sammler, die schon lange mit dem Modell geliebäugelt hatten – das lässt sich nicht genau sagen.

Die Gründe, warum die Referenz 116710BLNR bei Liebhabern so begehrt war und ist, sind vielschichtig. Zuerst einmal ist es eine Rolex, das allein ist schon Grund genug für die Beliebtheit des Modells. Dann ist es auch noch die erste Rolex mit einer Bicolor-Lünette aus Keramik. Ein Design, dass die Marke zuvor stets ausgeschlossen hatte. Die Lünette ist zudem blau-schwarz, was bei der Vorstellung der Uhr eine komplett neue Farbgebung in der Kollektion war. Die Batman war nicht ganz so beliebt wie die Pepsi (deren Edelstahlversion im Jahr 2014 eingestellt wurde, bis sie vier Jahre später ihr Comeback gab), daher wurden sie nur in relativ geringen Stückzahlen produziert. Letzteres außerdem über einen sehr kurzen Zeitraum.

Aber garantieren all diese Faktoren, dass ein eingestelltes Modell einer großen Marke im Wert steigt? Nicht unbedingt! Im Jahr 2014 stellte Patek Philippe die Referenznummer 5960/1A mit weißem Zifferblatt vor. Eine weitere Variante des Modells erschien 2017, die Ref. 5960/1A-010 mit schwarzem Zifferblatt. Ohne Ankündigung wurde die Produktion beider Referenzen Anfang 2018 eingestellt. Die Preise für die Version mit schwarzem Zifferblatt, die nur für sehr kurze Zeit hergestellt wurde, gehen auf dem Sekundärmarkt seitdem nach oben. Dies lässt vermuten, dass die Investition in diese Referenz von Sammlern als lohnend angesehen wird.

 

Patek Philippe 59601A-001
Patek Philippe 59601A-001

 

Die weniger beliebte Version mit weißem Zifferblatt wird allerdings unter dem ursprünglichen Händlerpreis angeboten, eigentlich unvorstellbar für einen Chronographen von Patek Philippe. Schließlich trifft auf die Uhr fast alles zu, was auch für die Batman gilt: Es ist ein Modell einer Weltmarke, es wurde in geringen Stückzahlen hergestellt, es ist das erste entsprechende Modell in Edelstahl usw. Man muss aber auch erwähnen, dass die Uhr nie sehr populär war, was sich auch nicht änderte, nachdem die Produktion eingestellt wurde.

Das kann man von der A. Lange & Söhne Datograph Ref. 403.035 aus Platin nicht behaupten. Vorgestellt wurde die Datograph (ein Chronograph mit Datumsanzeige) im Jahr 1999. Sie besaß ein neu entwickeltes Manufaktur-Chronographen-Kaliber mit Flyback-Funktion, präzise springendem Minutenzähler und Großdatum mit Quick-Set-Funktion. Das Modell war sehr beliebt, wenn auch nur bei einer relativ kleinen Zielgruppe. Nach zwölf Jahren wurde die Produktion eingestellt und im Jahr 2012 durch die Datograph Up/Down ersetzt. Betrachtet man die Details der Referenz 403.035, sollte man annehmen, dass es sich hierbei um eine lohnende Investition handelt. Die Preisentwicklung auf dem Sekundärmarkt ist in den letzten Jahren aber sehr schwankend gewesen.

 

A. Lange & Söhne Datograph Perpetual
A. Lange & Söhne Datograph Perpetual

 

Sie sehen selbst: Vorauszusehen, ob ein Modell, dessen Produktion eingestellt worden ist, im Preis steigt, ist fast unmöglich.

Betrachten wir ein weiteres, überraschendes Beispiel: die Audemars Piguet Royal Oak Ref. 15400. Vorgestellt wurde sie im Jahr 2012. Die Beliebtheit ihres Schwestermodells – der Ref. 15202 konnte sie aber nie erreichen. Viele hielten das 41-mm-Gehäuse für zu groß für das Kaliber 3120, das eigentlich für ein 39-mm-Gehäuse entwickelt worden war. Vor allem mit der Position des Datumsfensters, die sich daraus ergab, hatten die meisten ein Problem. Besondere technische Neuerungen oder andere spezielle Eigenschaften suchte man ebenfalls vergebens. Im Zeitraum der Herstellung wurde die Referenz 15400 auf dem Sekundärmarkt sogar unter dem Listenpreis angeboten.

Dann aber wurde das Modell in diesem Jahr eingestellt und durch die Ref. 15500 ersetzt. Ähnlich wie bei der Rolex Batman, sind die Unterschiede zwischen beiden Referenznummern eher subtil. Am auffälligsten ist die neue Position der Datumsanzeige, was dem neuen Manufakturkaliber zu verdanken ist. Die Baton-Indexe sind kürzer und dicker und das Wort „Automatic“ ist nicht mehr auf der unteren Hälfte des Zifferblatts platziert. Durch das neue Kaliber ist außerdem auch das Gehäuse dicker.

Diese Änderungen – vor allem das neue Manufakturkaliber – machen die überarbeitete Verison, die Referenz 15500, zur besseren Uhr. Das Gleiche lässt sich auch über die Rolex 126710BLNR sagen. Aber hier gilt wohl, was Steve Jobs einst richtig formulierte: „Die Leuten wissen nicht, was sie wollen – bis du es ihnen zeigst“. Oder in diesem Fall – bis man ihnen eine Alternative zeigt. Denn jetzt, wo die Ref. 15400 nicht mehr hergestellt wird, will sie auf einmal jeder haben. Seit der Ankündigung der Einstellung des Modells, sind die Preise in die Höhe geschnellt. Ob das so weitergehen wird? Nur die Zeit wird es zeigen.

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Über den Autor

Tom Mulraney

Ich wuchs in den 1980er- und 90er-Jahren in Australien auf. In der Stadt, in der ich lebte, gab es keine nennenswerte Uhren-Szene. Lediglich ein Händler hatte …

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