10.08.2022
 5 Minuten

Warum einige digitale NFT-Uhren mehr kosten als echte Luxusuhren! Blase oder Investment?

Von Chrono24
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Von Stella Kirchner  

Haben Sie schon einmal von digitalen Uhren gehört, die mehrere Tausend oder sogar Zehntausend Euro kosten? Dahinter verbergen sich Design-Dateien, die über kryptographische Algorithmen gesichert werden, ähnlich wie digitale Währungen wie Bitcoin oder Ethereum. Solche digitalen Kunstwerke auf der Blockchain werden als NFTs, Non-fungible-tokens bezeichnet. Doch was halten Technik- und Uhrenexperten von dieser Technologie? Das Chrono24 Magazin gibt Ihnen einen Überblick!   

NFT-Uhren: Digital-Kunst inspiriert von Rolex, Omega und Co.  

Einer der erfolgreichsten NFT-Uhren-Designer ist Jesus Calderon aus Chicago, der über seinen Account Gen Watches auf der Plattform OpenSea – dem größten NFT-Marktplatz der Welt – digitale 3D-Uhren, inspiriert von ikonischen Modellen wie der Rolex Daytona oder Submariner, mit eingängigen Titeln wie Daitona und Bitmariner (namentlich an den Bitcoin angelehnt) verkauft. „Zuerst habe ich NFTs verschiedener Motive designt. Aber ich interessierte mich schon immer für Uhren und war mir sicher, dass ich hier etwas Cooles schaffen konnte. Dann habe ich 100 digitale NFT-Uhren-Modelle kreiert und auf der Plattform OpenSea vertrieben, bis plötzlich ein Sammler alle Modelle auf einmal aufgekauft hat. Mit so einem Erfolg hätte ich niemals gerechnet“, so der Designer begeistert.  

Doch für den passionierten Uhren- und Krypto-Enthusiasten war damit die Geschichte von GenWatch noch lange nicht zu Ende: „Ich möchte 1000 digitale NFT-Uhren listen und verkaufen.“ Jedes einzelne dieser Modelle hat Calderon in einem Google-Dokument mit sämtlichen Details gelistet. „Für die ersten 100 Uhren habe ich jedes 3D-Design noch manuell an meinem Computer angelegt und die Daten selbst in den Editor von OpenSea getippt, wodurch meine Designs dann auf der Blockchain gespeichert wurden. Doch ein Entwickler hat mich und meine virtuellen Uhren auf Twitter entdeckt und mir geholfen, einen Algorithmus zu entwickeln, der die Designs automatisch an meine Vorlage anpasst“, erklärt er dem Chrono24 Magazin. Mittlerweile dauere die Erstellung einer Uhr zwischen drei und sechs Stunden.  

NFTs und Uhren: Nur ein kurzfristiger Trend? 

Doch wie sehr werden NFTs sich in der Uhrenwelt durchsetzen? „Ich habe den Eindruck, dass viele Firmen – nicht nur im Uhrensektor – NFTs einsetzen, die eigentlich nicht wirklich an die Technologie glauben oder wissen, was sie damit überhaupt erreichen möchten“, gibt der Technologie- und Lifestyle-Youtuber Justin Tse im Interview mit dem Chrono24 Magazin zu bedenken. Andererseits begeistern ihn aus Sammler-, aber auch aus Investorensicht Projekte wie Bulgaris Octo Finissimo mit eingearbeitetem QR-Code und NFT und auch die auf acht Uhren limitierte NFT-Kollektion der Marke Jacob & Co. „Wir wissen, dass manche Menschen begeistert davon sind, ein digitales Stück Uhr zu besitzen, was auch eine Wertanlage darstellen kann. Andere finden es wiederum seltsam, dass man so viel Geld für ein digitales Gut ausgibt, das man nicht einmal berühren kann. Es gibt aber sehr interessante Projekte, die verschiedene Tools miteinander verbinden. Die NFT-Uhren der Marke Jacob & Co. bieten zum Beispiel den Vorteil, dass die Kunden gemeinsam mit dem NFT ein Abendessen mit dem CEO erhalten. Das gibt der Aktion einen wirklichen Mehrwert“, erklärt Tse. Solche Projekte können eine Verbindung zwischen analogen und digitalen Gütern darstellen und damit die Uhrenwelt bereichern.  

Die Uhrenmarke Czapek sieht hingegen die Zukunft von NFTs in der Uhrenwelt vor allem als Ersatz für Echtheitszertifikate und andere Papiere. „Wir befinden uns in einem digitalen Zeitalter und in diesem brauchen wir auch digitale Zertifikate für Uhren“, ist sich der CEO Xavier de Roquemaurel sicher. Wie diese digitalen NFT-Zertifikate von Uhren funktionieren und warum sie immer beliebter werden, hat das Chrono24 Magazin bereits für Sie zusammengefasst.  

Gibt es Betrugsfälle bei NFTs im Uhrensektor? 

Je bekannter NFTs werden, desto mehr Betrugsfälle werden auch publik. Problematisch bei der Erstellung von NFTs ist nämlich, dass jeder ein Zertifikat oder ein Kunstwerk „tokenisieren“, also einen NFT herstellen, kann. „Heutzutage ist es sehr einfach, einen NFT zu kreieren. Plattformen wie OpenSea erlauben es Nutzern, aus jedem beliebigen Bild einen NFT zu kreieren“, erklärt Mathew Chittazhathu, CEO des Schweizer Start-ups Adresta, das sich auf NFTs für Uhren spezialisiert hat. „Auch wenn es bei physischen Objekten schon wieder schwieriger wird, ergibt sich dadurch die Gefahr, dass auch Personen NFTs herausgeben können, die gar nicht die wahren Urheber oder Eigentümer sind.“ Ein Uhrensammler sollte also immer darauf achten, wer den NFT hergestellt hat.  

Im Fall digitaler Uhren muss sichergestellt werden, dass auch wirklich der Künstler der Urheber des Werkes ist. Bei digitalen Echtheitszertifikaten für Uhren seien hingegen von Privatpersonen ausgestellte NFTs häufig riskant. In der Regel sollten NFT-Zertifikate von einer Uhrenmarke oder einer von dieser beauftragten Firma hergestellt werden. „Unsere Firma stellt keine NFTs für Privatpersonen aus, sondern arbeitet nur mit Uhrenmarken und zertifizierten Händlern zusammen.“ Ein digitaler Echtheitsnachweis für eine Uhr ist also nicht per se seriös, nur weil es sich um einen NFT handelt. Genauso wenig ist jeder NFT verdächtig.  

NFT entrepreneur Mathew Chittazhathu
NFT entrepreneur Mathew Chittazhathu

Sind Uhren-NFTs ein gutes Investment?    

Investitionen in NFTs haben in den vergangenen Jahren stark an Beliebtheit gewonnen. Doch gilt das auch für digitale Uhren? In Jesus Calderons virtuelle Uhrensammlung schaffen es beispielsweise nur die bekanntesten Ikonen der Uhrenwelt. „Angefangen habe ich mit meiner Bitmariner, weil die Rolex Submariner weltbekannt ist. Jede Uhrenmarke hat ihre eigene Submariner im Programm und in irgendeiner Form dieses Design adaptiert. Ich wollte mit meiner digitalen Version die Essenz dieses besonderen Designs herausarbeiten“, erklärt der Uhrenliebhaber. Diese Vorbilder und ihr Preisniveau bezieht der Designer auch in seine eigenen NFTs mit ein: „Die Preise für meine digitalen Uhren passe ich an den Wert der Originale an. Wenn wir zum Beispiel von einer digitalen Adaption der Rolex Submariner reden, einer Uhr, die etwa 15.000 EUR kostet, nehme ich für eine NFT-Submariner, meine Bitmariner, etwa 150“, erklärt Calderon. Allerdings schwankt der Wert von Kryptowährungen wie Ethereum, welche die Hauptwährung zum Kauf von NFTs ist, stark. Entsprach dieser Wert zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels (9. August 2022) 0,085 Ether, wären gut einen Monat vorher noch 0,13 Ether fällig geworden. In der Vergangenheit waren aber auch große Sprünge nach oben sichtbar: Wer bereits vor drei Jahren Ether gekauft hat, liegt nun 750 Prozent im Plus (Stand August 2022). Sollten Sie allerdings im vergangenen Jahr zu Höchstkursen investiert haben, mussten Sie herbe Verluste einstecken. Mit dem Wert der Währung schwanken auch die Objekte, die in dieser Währung bezahlt wurden.  

Zusätzlich müsse auch jeder einzelne Käufer entscheiden, ob ihm der NFT den aktuellen Preis überhaupt wert ist: „Man darf nicht vergessen, dass wir uns noch immer in der Hype-Phase von NFTs befinden“, erklärt Mathew Chittazhathu, „und wo ein Hype ist, gibt es auch viel Spekulation und die führt wiederum zu Schwankungen.“ Youtuber Justin Tse ergänzt: „Uhrenliebhaber sollten Uhren-NFTs nur kaufen, wenn sie wirklich überzeugt davon sind.“ NFT-Designer Jesus Calderon sieht die digitalen Modelle auch nicht in Konkurrenz zu den physischen Modellen. „Meine Traumuhr ist eine Lange 1 von der Marke A. Lange & Söhne. Vielleicht kann ich dieses wunderschöne Modell eines Tages besitzen“, hofft der Designer.  


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