07.12.2020
 3 Minuten

Die Einzigartigkeit des japanischen Markts

Von Hirota Masayuki
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Die Einzigartigkeit des japanischen Markts

Auch wenn der japanische Markt nicht mehr so stark ist wie früher, ist er für viele Uhrenhersteller immer noch von Bedeutung. Insbesondere einige der kleineren Hersteller erzielen einen Großteil ihres Umsatzes auf dem japanischen Markt. Ab den 1960ern bis in die 1990er-Jahre hinein veranlassten japanische Händler die Hersteller, eine Vielzahl von Modellen in limitierter Auflage herauszubringen. Einige dieser Modelle sind von sehr hohem Wert. Lassen Sie mich die Einzigartigkeit des japanischen Marktes etwas erläutern.

Eine große Besonderheit des japanischen Marktes ist das große Interesse für gebrauchte Uhren. Bis Ende der 1990er-Jahre war Japans Wirtschaftskraft sehr groß, und so sammelte man verschiedene Uhren aus aller Welt. Ab den 1980er-Jahren bis in die 1990er hinein waren vor allem Vintage-Uhren begehrt, hauptsächlich von Patek Philippeund Rolex. Während dieser Zeit waren die japanischen Käufer regelrecht verrückt danach, gut erhaltene Uhren aus dem Vintage-Bereich zu sammeln. Die Bubbleback von Rolex ist dafür ein gutes Beispiel. Auch wenn inzwischen viele dieser Uhren wieder zurück ins Ausland gegangen sind, kann man in Japan immer noch ziemlich gut erhaltene Einzelstücke finden.

Vintage Rolex Oyster Bubbleback, ref. 3725, ca. 1937
Vintage Rolex Oyster Bubbleback, Ref.3725, ca. 1937

Als 1989 die sogenannte „Luxussteuer“ abgeschafft wurde, fiel der Preis für im Ausland hergestellte Luxusuhren und die Uhrenliebhaber wandten sich neuen Uhren zu. Als Reaktion auf diesen Trend ließen die japanischen Händler verschiedene Modelle in limitierter Auflage herstellen. Zu den auffälligsten zählt unter anderem die Calatrava Ref.3796 mit Glasboden von Patek Philippe, von der es auch ein sehr seltenes Edelstahlmodell gibt. Ein weiteres Beispiel ist die Chambellan von Vacheron Constantin. Besonders erwähnenswert ist dabei das Modell mit dem Kaliber 1120. Bei dieser Uhr handelt es sich um ein einfaches Zwei-Zeiger-Modell mit Glasboden. Es sollte die Japaner wegen ihrer besonderen Vorliebe für Uhrwerke ansprechen und wird unter japanischen Uhrenliebhabern derzeit zu relativ hohen Preisen gehandelt. Erwähnenswert sind auch der IWC Doppelchronograph mit weißem Ziffernblatt sowie die Portugieser Chronograph Rattrapante mit Glasboden. Beide Modelle stellte die International Watch Company anlässlich ihres 130-jährigen Jubiläums vor.

Bei japanischen Sammlern lassen sich vornehmlich zwei Tendenzen erkennen: Zum einen lieben sie gut gemachte Uhrwerke. Viele Simplicity-Uhren von Philippe Dufour wurden auf Bestellung des japanischen Distributors Shellman angefertigt, und die meisten dieser Uhren befinden sich immer noch in Japan. Grund dafür ist, dass japanische Uhrenliebhaber einfache, aber besonders edel vollendete Uhrwerke bevorzugten. Gleiches gilt für die VZSS von Audemars Piguet, deren hervorragendes Uhrwerk einst bei japanischen Sammlern überaus begehrt war. Soweit mir bekannt ist, befinden sich viele dieser herausragenden Uhrwerke immer noch in Japan.

IWC Double Chronograph, ref. 3711, ca. 1998
IWC Double Chronograph, ref. 3711, ca. 1998

Zum anderen haben japanische Sammler ein Faible für hohe Handwerkskunst. Dabei begeistern sich Händler wie Sammler eher für Uhren unabhängiger Uhrmacher und kleiner Hersteller, als für Modelle bekannter Marken. F.P.Journe eröffnete als Erstes ein direkt geführtes Geschäft in Aoyama, Tokio und auch A. Lange & Söhne betreibt dort eine Boutique. Jedes Mal, wenn Antoine Preziuso und Franck Muller nach Japan kamen, wurden sie wie Götter behandelt. Der japanische Markt ist jedoch sehr konservativ, und unabhängige Uhrmacher, die sich auf moderne Stile spezialisiert haben, erfahren nicht so große Wertschätzung wie Preziuso und Muller.

In diesem Umfeld entstand eine Kultur, in der mit Uhren relativ respektvoll umgegangen wird und man die teuren mechanischen Zeitmesser pfleglich behandelt. Selbst in den 1990er-Jahren, als die Sammler sich noch nicht so gut auskannten wie heute, tauschten sich Uhrenliebhaber darüber aus, welche Reparaturwerkstätten die besten waren. Es mag überraschen, dass ausgerechnet die Japaner verstanden, wie wichtig Reparaturen sind. Immerhin stellten sie billige Quarzuhren in Massenproduktion her, die nicht repariert werden mussten. Infolgedessen sind in Japan auch heute noch viele gut erhaltene mechanische Uhren vorhanden.

Japaner kümmern sich um Reparaturen, weil ihnen nichts anderes übrigbleibt. Denn wegen der hohen Luftfeuchtigkeit in Japan können Uhren ohne häufige Wartung leicht Schaden nehmen. Darüber hinaus gilt ein ungenauer oder zerkratzter Zeitmesser als Reklamationsgrund, sodass japanische Second-Hand-Läden nur Uhren verkaufen, die sorgfältig gewartet wurden. Ich erinnere mich an die Worte eines dafür verantwortlichen Mitarbeiters eines Uhrenherstellers. „Wenn Sie eine gebrauchte Uhr kaufen möchten, gehen Sie nach Japan. Denn dort gibt es viele Uhren, die richtig repariert wurden.“

Wenn gebrauchte Waren aus Japan zum Verkauf stehen, können Sie allgemein davon ausgehen, dass Sie ein gutes Geschäft machen. Eine Ausnahme sind lediglich Uhren, die auf Auktionen zu niedrigen Preisen verkauft werden. Wenn Sie ein japanisches limitiertes Modell aus den 1980er- bis 1990er-Jahren entdecken, ist es wahrscheinlich auch sein Geld wert. Die Portugieser Chronograph Rattrapante und Chambellan, deren transparente Böden einen Blick auf das Uhrwerk zulassen und die nun wieder auf Chrono24 angeboten werden, sind eine lohnenswerte Anschaffung.

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Über den Autor

Hirota Masayuki

Ich interessiere mich schon seit meiner Jugend für Uhren. Zunächst habe ich als gewöhnlicher Angestellter gearbeitet, doch im Jahr 2004 startete ich …

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