05.04.2016
 4 Minuten

Erschwingliche Vintage-Dresswatches

Von Robert-Jan Broer

Wenn Sie in letzter Zeit die Uhrenmessen und -börsen verfolgt haben, wird Ihnen vermutlich aufgefallen sein, dass es mit jedem Jahr schwieriger wird, eine schöne klassische Uhr zu einem vernünftigen Preis zu finden. Die Patek Philippe Calatrava liegt inzwischen bei rund 20.000 Euro, die Rolex Cellini kostet rund 13.000 Euro und für die Omega De Ville Trésor müssen Sie fast 10.000 Euro ausgeben. Es gäbe natürlich die Option, sich mit einer günstigeren Uhr zufriedenzugeben, z. B. einer Frédérique Constant, einer Omega De Ville Prestige oder einer Longines. Viele dieser Dresswatches sind hier auf Chrono24 erhältlich.

Haben Sie aber schon mal über den Kauf einer gebrauchten Uhr als Alternative nachgedacht? So könnte die bereits erwähnte Patek Philippe Calatrava für knapp unter 10.000 Euro Ihnen gehören, und wenn Ihnen auch ein Durchmesser von weniger als 35 mm genügt, dürften Sie schon für knapp die Hälfte etwas Passendes finden. Nun lässt sich natürlich darüber streiten, ob 5.000 (oder 10.000) Euro wirklich „erschwinglich“ sind. Schauen wir uns also eine interessante Alternative zum Preis einer neuen Dresswatch von Longines an.

Kleinere Marken

Haben Sie mal eine gebrauchte Girard Perregaux in Betracht gezogen? Für weniger als 2.000 Euro können Sie eine wunderschöne klassische Girard Perregaux in 18 Karat Gold aus den 1950er-Jahren aus La Chaux-de-Fonds erstehen. Eine klassische Uhr von Doxa aus 14-karätigem Gold ist bereits für einige Hundert Euro weniger erhältlich. Oder wie wäre es mit einer Longines 30L aus Edelstahl oder einer hübschen Zenith aus den 50ern? Alle diese Uhren sind relativ ungewöhnlich. Deshalb sind sie meist zu attraktiven Preisen zu haben.

Dann gibt es ja auch noch Seiko. Die Vintage-Modelle der Grand Seiko, King Seiko und Lord Marvel haben ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Bedenken Sie dabei, dass eine gebrauchte Grand Seiko in sehr gutem Zustand schon mal etwas mehr als 1.000 Euro kosten kann, doch es handelt sich dabei um sehr schön verarbeitete Stücke.

Spitzenmarken

Vielleicht möchten Sie lieber etwas, das bekannter und begehrter ist, wie eine Omega Constellation aus den 1950er- oder 1960er-Jahren oder eine IWC Kaliber 89. Auch diese sollten Sie in gutem Zustand für um die 1.000 Euro finden können. Die Constellation war in den Anfangszeiten von Omega das Aushängeschild der Marke und die alten Ausführungen zeichnen sich durch schöne Verarbeitungen und elegant geformte Gehäuse aus. Die hauseigenen kupferfarbenen Werke sind sehr zuverlässig und sollten noch viele Jahre problemlos laufen. Die Seamaster und Seamaster De Ville sind ebenfalls gute Alternativen. Besonders schön sind die Modelle der Reihe Seamaster Calendar, die auf 6 Uhr das Datum anzeigen.

Auch die Armbanduhren von IWC mit dem Kaliber 89 sind elegante Stücke mit hauseigenen Handaufzugswerken. Zwar ziehen die Preise für die Goldausführungen momentan an, ein ordentliches Modell in Edelstahl sollte aber zu einem realistischen Preis zu finden sein. Ähnlich wie die oben erwähnten Omegas waren die Kaliber-89-Uhren von IWC mehrere Jahrzehnte lang in Produktion. Dank dieser Langlebigkeit gibt es sie mit den verschiedensten Gehäuseformen und Zifferblättern.
Auf Chrono24 haben Sie die Möglichkeit, ganz gezielt nach gebrauchten Uhren zu suchen. Auf der Ergebnis-Seite können Sie links die Filtereinstellungen variieren und Kriterien wie Preisspanne, bevorzugte Marken, gewünschten Zustand und das Jahr angeben.

Vintage IWC Schaffhausen
Vintage IWC Schaffhausen, Image: Auctionata

Hier einige Punkte, die Sie bei der Suche nach erschwinglichen Vintage Dresswatches berücksichtigen sollten:

  1. Zustand der Uhr

Der wichtigste Aspekt ist, ob sich die Uhr in einem guten technischen Zustand befindet. Teure Reparaturen und lange Wartezeiten für Ersatzteile sollten Sie unbedingt vermeiden. Wenn Sie sich für eine Marke wie IWC, Jaeger-LeCoultre, Longines oder Omega entscheiden, sollten die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und die Reparaturfähigkeit kein großes Problem darstellen (von ein paar Ausnahmen natürlich abgesehen). Dennoch sollten Sie sich diesbezüglich vorher schlaumachen. Bei Marken, die schon lange nicht mehr hergestellt werden, könnte es sonst schwierig werden.

Außerdem sollten Sie in Erfahrung bringen, ob alle Teile Originalteile aus der Herstellungszeit sind. Teile wie das (Plexi-)Glas und die Krone wurden möglicherweise bei einer früheren Wartung ausgetauscht, doch Sie sollten zumindest sichergehen, dass sie mit Originalteilen ersetzt wurden.

  1. Garantie

Gibt Ihnen der Anbieter eine Garantie? Die meisten Händler oder professionellen Anbieter können eine sechsmonatige Garantie auf gekaufte Uhren gewähren. Bei Privatverkäufern endet die Garantie in der Regel mit der Auslieferung. In diesem Fall sollten Sie absolut sichergehen, dass die Uhr funktioniert, bevor Sie sie kaufen.

  1. Genügend Budget für einen Service

Wenn Ihr Gesamtbudget 1.000 Euro beträgt, sollten Sie lieber eine Uhr für 800 Euro wählen und noch 200 Euro für eine Revision einplanen, statt eine 1.000 Euro teure Uhr zu kaufen und kein Geld mehr für eine Überholung oder Reparatur übrig zu haben. Dies gilt jedoch nur, wenn Sie eine Uhr ohne ordentliche Garantie (siehe 2.) oder eine, die noch nicht gewartet wurde, kaufen. Verlangen Sie einen eindeutigen Wartungsnachweis, lassen Sie sich nicht mit Aussagen wie „ich habe die Quittung verloren“ abspeisen.

  1. Größe, Größe, Größe

Vor 50 bis 60 Jahren waren Uhren deutlich kleiner als heute. Klassische Uhren müssen natürlich nicht groß sein, sollten aber edel und elegant wirken. Auch wenn Sie kräftige Handgelenke haben, können 35 bis 37 mm noch gut aussehen. Probieren Sie vor dem Kauf am besten verschiedene Größen aus. Auch das Design des Gehäuses und die Form der Bandanstöße können erhebliche Auswirkungen haben, wie beispielsweise ein Vergleich einer 34 mm IWC mit einer 34 mm Doxa zeigt. Sehen Sie sich also nicht nur die Größe, sondern auch die Form des Gehäuses und die Proportionen der Bandanstöße genau an.

  1. Armbänder und Schließen

In den meisten Fällen können Sie Box und Papiere außer Acht lassen. Früher war es kaum üblich, diese aufzubewahren. Bei einer Patek Philippe Calatrava oder einer Vacheron Constantin sind sie vielleicht noch vorhanden, ansonsten sollten Sie sich darüber keine Gedanken machen. Besorgen Sie sich aber ein vernünftiges Armband mit passender Schließe, vorzugsweise einer Originalschließe mit Markenschriftzug, für Ihre Uhr. Hier sollten Sie nicht geizen, das Armband kann eine elegante Vintage-Dresswatch veredeln, aber auch ruinieren.


Über den Autor

Robert-Jan Broer

Robert-Jan ist Gründer des Fratello Magazine und schreibt dort seit 2004 über Uhren. Seine Leidenschaft für Uhren entdeckte er allerdings schon viel früher. Für …

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