19.05.2020
 5 Minuten

Luxusuhren und Nachhaltigkeit: Diese Marken gehen mit gutem Beispiel voran

Von Tom Mulraney
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Luxusuhren und Nachhaltigkeit: Diese Marken gehen mit gutem Beispiel voran

In den letzten zehn Jahren haben Begriffe wie „Nachhaltigkeit“, „Umweltfreundlichkeit“ und „soziale Verantwortung“ Eingang in die Marketingsprache vieler Luxusmarken gefunden. Einst wurden diese Begriffe lediglich als hilfreiche Schlagworte für den Verkauf von Produkten angesehen. Heute jedoch werden die ehemals hohlen Konzepte von Umweltschutz und der sozialen Verantwortung von Unternehmen zunehmend durch praktische Maßnahmen umgesetzt. Dies liegt zum großen Teil an der Verschiebung der Kaufkraft hin zu neuen Generationen von Verbrauchern – den Millennials und der Generation Z. Diese gelten als bewusste Verbraucher, die auf die ökologischen und sozialen Folgen ihrer Kaufentscheidungen achten und sich für Marken entscheiden, deren Werte mit ihren eigenen überstimmen.

Alles schön und gut, werden Sie sagen, aber warum sollten sich Luxusmarken dafür interessieren, was diese jungen Generationen denken? Nun, laut einem Bericht von McKinsey & Company sind die wohlhabenden Mitglieder dieser Gruppen mittlerweile für 85 Prozent des weltweiten Umsatzwachstums im Luxusbereich verantwortlich. Diese enorme Kaufkraft zusammen mit dem allgemeinen weltweiten Trend zu einer nachhaltigeren Lebensweise bedeutet für Luxusmarken, dass sie sich – wenn sie überleben wollen – anpassen müssen. Überraschenderweise sind gerade die High-End-Uhrenmarken, die ja dafür bekannt sind, nur sehr langsam auf sich verändernde Marktbedingungen zu reagieren, von Anfang an mit an der Spitze dieser Bewegung.

IWC Schaffhausen zum Beispiel setzt sich bereits seit über zehn Jahren engagiert für nachhaltige Geschäftspraktiken ein und wurde dafür mit zahlreichen Auszeichnungen belohnt: dem Walpole Award für exzellente Leistungen im Bereich Corporate Social Responsibility (2012), dem Award „Best CSR in Switzerland“ (2014) von Capital Finance International und dem Bronzepreis in der Kategorie Nachhaltigkeit bei den International CSR Excellence Awards (2017). Im Jahr 2018 legte die IWC als erster Schweizer Luxusuhrenhersteller einen Nachhaltigkeitsbericht nach den Standards der Global Reporting Initiative vor. Sowohl der Stammsitz in Schaffhausen als auch das nahe gelegene, 2018 eröffnete Manufakturzentrum beziehen ihren Strom aus regenerativen Quellen und glänzen auch mit einer Reihe weiterer Initiativen, die auf ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Darüber hinaus verwendet die IWC wo immer möglich Recycling-Gold für ihre Uhren und arbeitet mit einer Raffinerie zusammen, die mit erneuerbarer Energie betriebenen wird.

IWC Pilot Perpetual Calendar “Le Petit Prince” Edition
IWC Pilot Perpetual Calendar “Le Petit Prince” Edition

Die meisten Uhrenliebhaber wissen davon vielleicht nichts. Sie kennen wahrscheinlich eher die wohltätigen Projekte und Partnerschaften der IWC. Die Schaffhausener arbeiten mit mehreren Organisationen zusammen, die sich für positive Veränderungen in der Welt einsetzen, darunter die Stiftung Laureus Sport for Good und die Antoine de Saint-Exupéry Youth Foundation. Aus dieser Zusammenarbeit gingen auch die Uhren der beliebten „Le Petit Prince“-Sondereditionen hervor, die sich immer mehr zu Sammlerstücken entwickeln. Doch auch wenn die IWC in puncto Nachhaltigkeit das Vorzeigeunternehmen der Luxusuhrenindustrie ist, so ist sie bei Weitem nicht der einzige Uhrenhersteller, der sich in diesem Bereich engagiert.

Der Luxusuhren- und Schmuckfabrikant Chopard begab sich 2013 auf seinen von ihm selbst so bezeichneten „Weg hin zu nachhaltigem Luxus“. Das Unternehmen ist seit 2010 Mitglied des Responsible Jewellery Council und seit 2012 nach dem RJC Code of Practices (COP) zertifiziert. Der COP erstreckt sich auf Bereiche wie Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Umweltschutz und Produkttransparenz. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ist die Manufaktur Chopard aber wohl am ehesten dafür bekannt, dass sie ihr Gold zu hundert Prozent aus ethisch verantwortlichen, rückverfolgbaren Quellen bezieht. Dabei handelt es sich um:

  • handwerklich geschürftes Gold aus kleinen Minen, die Teil der Swiss Better Gold Association (SBGA) sowie der Fairmined- und Fairtrade-Initiativen sind, sowie um
  • Gold nach dem „Chain of Custody“-Standard des RJC, d. h. aus RJC-zertifizierten Raffinerien

Im Jahr 2017 war Chopard der weltweit größte Abnehmer für fair gewonnenes Gold. Seitdem hat das Unternehmen mehr als 85 Prozent des global produzierten Fairmined-Goldes gekauft und es für die Herstellung einiger seiner atemberaubenden Uhren verwendet.

Chopard L.U.C. Flying T Twin bei der Baselworld 2019
Chopard L.U.C. Flying T Twin bei der Baselworld 2019

Es sind aber nicht nur die großen Namen auf dem Markt, die das Thema Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsmodelle integriert haben. So wurde kürzlich die Nischenmarke Linde Werdelin für ihre Anstrengungen im Bereich der Kreislaufwirtschaft von Positive Luxury als „Circular Economy Pioneer of the Year“ ausgezeichnet. Das Unternehmen arbeitet bereits seit Jahren daran, seinen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, indem es Design- und Produktionsprozesse effizienter gestaltet und auf 100 Prozent recycel- und wiederverwendbare Verpackungen umstellt. Der vielleicht größte Wendepunkt für das kleine Unternehmen war jedoch die Einführung seiner eigenen Plattform für Gebrauchtuhren. 

Linde Werdelin war in der Luxusuhrenindustrie einer der Pioniere dieses Konzepts, das seither von einer Reihe anderer Marken – darunter Audemars Piguet, MB&F und Urwerk – übernommen wurde. Das Konzept ermöglicht eine erhebliche Verlängerung der Lebensdauer einer Uhr. Durch den Verkauf zertifizierter Gebrauchtuhren, die durch eine gründliche Revision praktisch in den Originalzustand zurückversetzt werden, kann das Unternehmen sein Produktionsvolumen, den damit verbundenen Energieverbrauch und die Umweltbelastung weiter reduzieren.

Linde Werdelin Spidospeed
Linde Werdelin Spidospeed

Grob gesagt ist dies das Prinzip, das der Kreislaufwirtschaft zugrunde liegt: das Vermeiden von Müll durch kontinuierliche Wiederverwendung der gleichen Ressourcen. Es ist einer der Gründe, warum der Markt für gebrauchte Luxusuhren sich in den letzten Jahren wachsenden Interesses erfreut. Robuste Designs, wartungsfähige und austauschbare Komponenten sowie die Verwendung langlebiger Materialien führen dazu, dass viele Luxusuhren ihre Besitzer überleben. Ein Blick auf den Vintage-Uhrenmarkt bestätigt dies: Uhren mit einem Alter von 50 Jahren und mehr sind immer noch voll funktionsfähig und in einigen Fällen sogar attraktiver als die aktuellen Angebote.

Natürlich muss man dabei gar nicht so weit gehen. Es gibt zahlreiche Beispiele für Modelle, die nur fünf bis zehn Jahre alt sind, aber immer noch die gleichen oder ähnliche Spezifikationen wie ihre aktuellen Pendants aufweisen. Das Paradebeispiel liefert Rolex: Die ikonische Submariner Date Referenz 116610LN gehört seit 2010 zum Rolex-Programm. Zugegeben, die meisten von uns halten ein Upgrade des Modells für überfällig und viele hatten dieses Jahr damit gerechnet. Doch selbst wenn Rolex eine neue Version herausbringt, wird sich diese wohl in Form eines neuen Kalibers und einiger geringfügiger Änderungen zeigen. Die Umweltbelastung, die mit dem Kauf eines solchen neuen Modells einhergeht, ist nicht unbedingt notwendig, wenn Sie sich auch mit einer gebrauchten Uhr anfreunden können. Diese bekommen Sie außerdem um einiges schneller.

Submariner Date ref. 116610LN
Submariner Date ref. 116610LN

Das alles soll nicht heißen, dass die Luxusuhrenindustrie plötzlich aufhören wird, neue Uhren zu produzieren – ganz im Gegenteil. Wir werden jedoch weiterhin einen zunehmenden Fokus auf Nachhaltigkeit und die Unterstützung sozialer Projekte in diesem Bereich beobachten können; denken Sie zum Beispiel an die Partnerschaften von Breitling mit Ocean Conservancy und Outerknown. Es ist ebenfalls wahrscheinlich, dass immer mehr Marken eigene Plattformen für zertifizierte gebrauchte Uhren lancieren und verantwortungsvollere Herstellungs- und Liefermodelle entwickeln werden, um die Nachfrage am Markt besser zu bedienen. 

Schließlich ist es das, was der Verbraucher möchte, und die Uhrenhersteller scheinen ihm zuzuhören.

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Über den Autor

Tom Mulraney

Ich wuchs in den 1980er- und 90er-Jahren in Australien auf. In der Stadt, in der ich lebte, gab es keine nennenswerte Uhren-Szene. Lediglich ein Händler hatte …

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