Von Schwarz zu Braun: Für manch einen Uhrenfreund ist er der krönende Abschluss der gepflegten Sammlung – ein Luxuszeitmesser mit „Tropical Dial“. Die meisten von Ihnen werden diesen exotisch anmutenden Begriff sicher schon gehört haben. Die Bezeichnung fällt oft in einem Atemzug mit Uhren der Marke Rolex. Doch auch andere namhafte Hersteller wie Omega, Patek Philippe oder Audemars Piguet wurden einst „Opfer“ mangelhaft lackierter Zifferblätter, welche Zulieferer zwischen den 1950er- und 70er-Jahren herstellten. Was genau verbirgt sich hinter den „tropischen Zifferblättern“ und was zeichnet sie aus?
Fehlerhafte Zifferblätter: Objekte der Begierde
Tropical Dials sind im Grunde nichts anderes als mangelhaft UV-beschichtete Zifferblätter, deren optische Veränderung nie gewünscht war. Dadurch, dass sich die Blätter über viele Jahre hinweg nur langsam verfärbten, fiel der Mangel allerdings erst entsprechend spät auf. Aufgrund des frühen Zeitraums ihrer Produktion findet man sie im Originalzustand heute nur noch bei Vintage-Uhren, die über eine längere Zeit intensiver UV-Strahlung ausgesetzt waren oder es noch sind.
Ganz ähnlich wie beim Begriff „Spider Dial“, bei dem die Lackierung aufgrund von Materialermüdung schlichtweg bricht, ist die Bezeichnung Tropical Dial im Kern nichts weiter als eine tropisch-sonnig verklärte Romantisierung, um eine mangelhafte Uhr begehrenswerter erscheinen zu lassen. Es wird vermutet, dass die Umschreibung von findigen Uhrenhändlern geprägt wurde, die ihren Kunden eine Erklärung für die seltsame Zifferblattfarbe liefern mussten. Tatsächlich ist es so, dass Uhren mit tropischen Zifferblättern noch bis vor gar nicht allzu langer Zeit eher unbeliebt waren. So hat manch ein Besitzer einer entsprechenden Uhr deren Blatt bei der Revision gar gegen ein frisches, schwarzes Zifferblatt austauschen lassen.
Nicht jedes Tropical Dial steigert den Sammlerwert
Tropical Dials sind vorwiegend für Sammler interessant, da sich nicht jedes Blatt wie das andere verfärbt. Der Alterungsprozess ist individuell und somit bei jedem Zifferblatt einzigartig. Jedes Tropical Dial und damit auch die dazu gehörende Uhr ist also ein Unikat. Vor allem bei großen Herstellern wie Rolex, Omega, Patek Philippe oder Audemars Piguet spielt es daher eine entscheidende Rolle, wie sich das Blatt verfärbt hat. Es ist das Alleinstellungsmerkmal der Uhr. Nicht jede Art der Verfärbung gilt als sammelwürdig. Unregelmäßige, fleckige Blätter, die einfach nur modrig und schlecht gealtert aussehen, haben eine weitaus geringere Anziehungskraft als besonders gleichmäßig verfärbte Zifferblätter. Am beliebtesten sind solche Tropical Dials, die je nach Lichteinfall in Farben von Schwarz zu Hellbraun changieren und eine Art Sonnenschliff zu haben scheinen.
Je „edler“ der Mangel, desto begehrter und teurer wird die Uhr. Das Tropical Dial ist sozusagen der Edelschimmel der Schweizer Uhrenindustrie, wenn auch ein unbeabsichtigt aufgetretener. Tropical Dials sind mittlerweile so beliebt, dass manch ein Hersteller neuer Uhren versucht, deren Effekt durch entsprechende Farbmixturen zu imitieren. In den allermeisten Fällen führen diese Experimente jedoch zu eher fragwürdigen Ergebnissen, denen man das Imitat sofort ansieht. Echte Edelpatina kann eben nur über einen langen Zeitraum entstehen.
Luxusuhr mit Tropical Dial kaufen – worauf sollten Sie achten?
Wenn Sie auf der Suche nach einer Luxusuhr mit Tropical Dial sind, sollten Sie bedenken, dass es viele Parameter gibt, die es zu berücksichtigen gilt. Eine wirklich authentische Uhr mit gut gealtertem Blatt zu finden wird höchstwahrscheinlich zur Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen.
Daher ist eine nachvollziehbare (Service)-Historie der Uhr besonders wichtig. Je mehr nachweisbare Fakten Sie zum Objekt der Begierde sammeln können, desto besser. Eine Frage, die vor dem Kauf geklärt werden sollte, ist, ob das Zifferblatt ursprünglich zur angebotenen Uhr gehörte oder selbst bereits getauscht ist. Eine x-beliebige Luxusuhr mit getauschtem Tropical Dial unbekannter Herkunft ist nicht authentisch und mitunter den geforderten Preis nicht wert.
Einige Beispiele mit groben Preisrichtlinien
Für eine gut erhaltene Rolex Submariner „Red“ Ref. 1680 sollten Sie mit Kaufpreisen ab ca. 45.000 EUR rechnen. Sea-Dweller „Double Red“ Ref. 1665 oder GMT-Master Ref. 1675 sind je nach Baujahr und Zifferblattbeschriftung nochmals deutlich teurer. Preise zwischen 50.000 EUR und über 100.000 EUR sind hier üblich. Eine Daytona mit entsprechendem Blatt liegt zwischen 140.000 EUR und 250.000 EUR.
Audemars Piguet Royal Oak mit Tropical Dial bewegen sich bei Preisen ab rund 40.000 EUR aufwärts. Hier liegt in etwa der Preis für eine Referenz 14790ST. Rechnen Sie für eine Royal Oak Jumbo Ref. 5402 mit Preisen deutlich oberhalb von 100.000 EUR.
Sie kommen deutlich günstiger davon, wenn Ihnen die Marke mit der Krone oder AP gleichgültig sind. Ein gutes Beispiel ist die Omega Speedmaster. Je nach Modell, Baujahr und entsprechendem Blatt geht es hier schon ab etwa 25.000 EUR los. Am oberen Ende bewegen sich Exemplare, die knapp über 40.000 EUR kosten. Okay, wirklich günstig sind diese Preise auch nicht.
Sie müssen nicht gleich Haus und Hof verkaufen, um in den Genuss einer Uhr mit Tropical Dial zu kommen. Heuer, Tissot, Longines, Eberhard, Enicar und viele mehr haben früher ebenfalls Uhren mit mangelhaft lackierten Zifferblättern hergestellt, es wird darum jedoch nicht so viel Wirbel betrieben. Die Preise für noch gut erhaltene Exemplare beginnen hier bereits bei unter 2.000 EUR.
Fazit: Tropical Dial ist nicht gleich Tropical Dial
Uhren mit Tropical Dial sind insbesondere für Individualisten und Sammler interessant, die auf der Suche nach einem unverwechselbaren Unikat sind. Auch wenn vieles Geschmackssache ist: Nicht jede Verfärbung des Blatts ist zwangsläufig schön und begehrenswert. Daher ist es wichtig, wie das Zifferblatt gealtert ist. Hier gelten besonders gleichmäßig verfärbte Zifferblätter in verschiedenen Schwarz- und Brauntönen als besonders sammelwürdig. Der Kauf eines authentischen Exemplars mit Original-Blatt und nachvollziehbarer Historie kann sich als zeitaufwendig erweisen. Stellen Sie daher vor dem Kauf die entsprechenden Fragen zur Herkunft der Uhr. Uhren mit Tropical Dials müssen nicht von den allseits bekannten großen Herstellern stammen und ein Vermögen kosten.