Ein Aspekt, der die Welt der Luxusuhren und des Uhrensammelns so schön macht, ist die Vielfalt der Modelle und Uhrenmarken – es gibt etwas für wirklich jeden Stil, jedes Budget und jeden Geschmack. Aber was wäre, wenn Sie sich für den Rest Ihres Lebens nur für eine Uhrenmarke entscheiden müssten? Wir haben unsere Autoren beauftragt, der Sache auf den Grund zu gehen. Die Regeln sind simpel:
- Wählen Sie eine Uhrenmarke, der Sie für den Rest Ihres Lebens die Treue halten werden
- Geld spielt keine Rolle
- Bonus: Sie bekommen eine „Joker“-Uhr, d. h. Sie können eine Uhr Ihrer gewählten Marke gegen eine Uhr einer anderen Marke tauschen. Welche wird es sein?
Für einen Uhrenenthusiasten wie mich ist es natürlich eine große Herausforderung, die EINE Exit-Marke zu wählen. Schließlich gibt es doch so viele Hersteller, die tolle Uhren anbieten und sich lediglich in Geschmacksfragen unterscheiden. Es erschien mir allerdings zu profan, mich für einen der üblichen Branchenriesen zu entscheiden, deren Modelle tausendfach präsentiert und besprochen werden. Daher entschied ich mich für die in Frankfurt am Main beheimatete Marke Sinn Spezialuhren, von der sich zwei Modelle in meiner Sammlung befinden.
Warum Sinn Spezialuhren?
Die Gründe, mich für die Marke Sinn zu entscheiden, sind vielfältig. Zunächst einmal ist die Geschichte des Herstellers interessant, wenn auch verhältnismäßig kurz. Gegründet wurde das Unternehmen 1961 vom 2018 im Alter von 101 Jahren verstorbenen ehemaligen Fluglehrer und Berufspiloten Helmut Sinn. Die Uhren von Sinn richteten sich anfangs an Piloten, die auf der Suche nach funktionalen und präzisen Chronographen von hoher Qualität waren. Über Jahre hinweg waren viele Sinn-Modelle baugleich mit Zeitmessern von weitaus bekannteren Marken wie Jaeger-LeCoultre oder Breguet. Mit Jack Heuer ging Helmut Sinn sogar eine exklusive Kooperation ein. So handelt es sich etwa bei den Bundeswehr-Chronographen (BUND) sowie dem Sinn Rallye Timer aus den 1970er-Jahren um Heuer-Uhren, die lediglich mit dem Sinn-Logo versehen waren. Dank Direktvertrieb konnte Helmut Sinn die Preise bei gleicher Qualität jedoch deutlich niedriger halten.
Das Konzept des Direktvertriebs verfolgt Sinn bis heute, wodurch auch das Preis-Leistungs-Verhältnis weiterhin sehr gut ist. Sie können die an die Produktion angeschlossenen Verkaufsräume einfach besuchen und jedes verfügbare Modell begutachten. Dabei verzichtet die Marke weitgehend auf überflüssiges Marketing-Geschwurbel und weiße Handschuhe – „What you see is what you get“. Kurzum: Sinn ist seit jeher eine bodenständige Marke, die sich bescheiden aufstellt. Sie schafft den Spagat zwischen Pragmatismus einerseits und Luxus andererseits und begibt sich auf Augenhöhe mit ihren Kunden.
Neben der Geschichte und den fairen Preisen spielen Qualität, Präzision und Innovation wichtige Rollen. Sinn bezieht etwa die Gehäuse vieler seiner Uhren vom Hersteller Sächsische Uhrentechnologie GmbH Glashütte (SUG). Das Unternehmen ist seit vielen Jahren für seine qualitativ hochwertigen Gehäuse bekannt. Bei der Kalibertechnik setzt Sinn vornehmlich auf Uhrwerke Schweizer Zuliefererfirmen wie Sellita, Concepto und La Joux-Perret. Zwar handelt es sich hier um Uhrwerke aus Serienproduktion, die in vielen Uhren zu finden sind. Die Kaliber haben sich jedoch seit Jahren bewährt und sind für ihre Präzision und Langlebigkeit bekannt. Mit dem Kaliber SZ01 präsentierte Sinn vor einiger Zeit ein weitgehend selbst entwickeltes Uhrwerk, das auf dem allseits bekannten Chronographen-Kaliber Valjoux 7750 der ETA basiert.
Wenn es um Innovationen im Uhrenbau geht, ist Sinn ebenfalls einfallsreich. Beispielhaft und besonders bekannt ist die Ar-Trockenhaltetechnik, mit deren Hilfe die Alterung der Öle durch Luftfeuchtigkeit verhindert wird. Bei der Diapal-Technologie setzt Sinn auf Materialkombinationen, die ohne Schmierung auskommen und so eine dauerhafte Ganggenauigkeit des Uhrwerks garantieren. Die Tegiment-Technologie gewährleistet eine besonders hohe Kratzfestigkeit bei entsprechend behandelten Edelstahl- und Titangehäusen.
Ein weiterer Grund, warum Sinn für mich Uhren fürs Leben baut, ist natürlich das Design der Zeitmesser. Insbesondere Chronographen der Serien 101, 102 und 103 im Bi- oder Tricompax-Design finde ich optisch sehr ansprechend. Der Look von Chronographen dieser Bauart entstand in den 1960er- und 70er-Jahren. Er ist zeitlos und auch bei Neuauflagen einiger Vintage-Varianten immer wieder ein Hingucker.
Meine Lieblingsuhren von Sinn
50 oder 60 Jahre alte Vintage-Chronographen sind schon faszinierend, haben jedoch einige Nachteile. Sie sind nur noch bedingt alltagstauglich, Ersatzteile sind schwer zu bekommen und die Preisschilder solcher Uhren hängen in der Regel recht hoch – auch bei frühen Modellen von Sinn. Als Freund der entsprechenden Designs freue ich mich daher immer wieder, wenn sich Uhrenhersteller zurück auf ihre Wurzeln besinnen und Re-Editionen ihrer Klassiker auflegen. Sinn gelang es in der Vergangenheit mehrfach, attraktive Re-Editionen zu kreieren, die heutigen Ansprüchen genügen und mit moderner Technik aufwarten. Zwei davon fanden den Weg zu mir und haben das Potenzial, Uhren fürs (Rest-)Leben zu werden, immerhin bin ich ja schon über 50.
Sinn 103 St Ty Hd
Als Sinn die 103 ST Ty Hd im Februar 2024 präsentierte, habe ich sofort den Bestellbutton geklickt. Die Uhr ist eine Hommage an das Modell 103 C, das die Marke Anfang der 1970er-Jahre präsentierte. Das Tricompax-Design basiert auf einem Chronographen von Mathey-Tissot. Da die Uhr damals nur in einer kleinen Auflage produziert wurde, sind Vintage-Exemplare äußerst rar. Uhren der Neuauflage sind mit dem Sellita-Handaufzugswerk SW510M ausgestattet, das sich hinter einem verschraubten Stahlboden befindet. Die Uhr verfügt über ein Acrylglas, ist unterdrucksicher und bis zu 200 m (20 bar) wasserdicht. In der Summe ihrer Eigenschaften also ein perfekter Alltagsbegleiter. Sinn produzierte insgesamt 1000 Exemplare dieses Modells. In meinem Artikel „Fliegeruhr im Test: ein Review der Sinn 103 St Ty Hd“ stelle ich den Chronographen ausführlich vor.
Sinn 103 ST C
Die Sinn 103 St C erschien bereits 2018 in Kooperation mit dem Uhrenfachmagazin Chronos Das Modell ist auf nur 100 Exemplare limitiert und war im Handumdrehen ausverkauft. Es dauerte eine Weile, bis einzelne Stücke auf dem Markt auftauchten, vor einigen Monaten hatte ich dann die Gelegenheit ein Exemplar zu ergattern. Das Bicompax-Design der 103 ST C orientiert sich an dem der Sinn 101 A, die in den 1960er-Jahren erstmals vorgestellt wurde. Auch die Neuauflage verfügt über ein Acrylglas, ist unterdrucksicher und bis zu 200 m (20 bar) wasserdicht. Im Innern tickt das automatische Sellita SW510.
Die Joker-Uhr – Rolex Explorer II 16570
Kommen wir nun zur Joker-Uhr. Müsste ich mich von den Sinn-Chronographen trennen und nur noch eine Uhr tragen, würde meine Wahl auf die Rolex Explorer II 16570 fallen, die ich in meinem Artikel „The Love We Share: Rolex Explorer II 16570 – Liebe auf den zweiten Blick“ näher beschrieben habe. Obwohl es sich um ein Modell des unangefochtenen Branchenführers handelt, spielt die Marke für mich eine eher untergeordnete Rolle. Bei der Rolex Explorer II steht für mich – neben der ansprechenden Optik – die Funktionalität im Vordergrund. Eine GMT-Uhr ist für mich im Alltag einfach praktisch und nützlich. So kann ich zum Beispiel auf einen Blick sehen, wie spät es im Yukon ist, wo meine Tochter lebt.
