Die Preisentwicklung von Luxus- und Vintage-Uhren war in den letzten Jahren – gelinde gesagt – spannend. Uhren vergangener Dekaden haben enorme Preissprünge gezeigt. Marken wie Rolex und Patek Philippe sind unerbittlich gestiegen, während die Preise für Uhren von TAG Heuer und (in geringerem Maße) Universal Genève eine ziemliche Achterbahnfahrt hinter sich haben. Der moderne Uhrenmarkt zeichnet sich dadurch aus, dass begehrte Uhren etlicher Marken im Laden quasi unbezahlbar geworden sind. Gründe hierfür können reale Nachfrage, Manipulation oder anderes sein. Die Folge sind eklatant überhöhte Preisen auf dem grauen Markt und ausgeprägte Spekulationstätigkeiten bei Auktionen. Angesichts dieses turbulenten, unübersichtlichen und nervenaufreibenden Marktgeschehens sind viele Uhrenliebhaber weltweit inzwischen auch gern abseits der wenigen „It“-Uhren unterwegs. Denn wie das Sprichwort sagt: Wo einer ist, da sind noch mehr.
Uhren mit einer großen Wertsteigerung: Ein Kreislauf
Durch die Preissteigerungen der letzten Jahre sind viele Uhren für die meisten normalsterblichen Sammler unerreichbar geworden. Daher steht zu erwarten, dass bald auch bisher weniger beachtete Modelle massiv in Mode kommen werden. Der momentan auf dem Uhrenmarkt herrschende Kreislauf aus Wachstum und Wertsteigerung scheint derzeit nicht aufzuhalten zu sein. Er behält sein atemberaubendes Tempo selbst angesichts der weltweiten Pandemie bei, die ganze Volkswirtschaften zum Stillstand gebracht hat. Und obwohl die Welt nach wie vor mit COVID-19-Wellen, Lieferengpässen und Inflation zu kämpfen hat, steigen viele Uhren weiter im Wert.
Als größter Online-Marktplatz für Uhren und Uhrenhändler ist Chrono24 in der einzigartigen Position, dieses Wachstum anhand der Daten seines Preisindexes beobachten und klar darstellen zu können. Die Gründe für die jeweiligen Preistrends herauszufinden, gestaltet sich sehr kompliziert, wenn nicht gar unmöglich. Dies gilt insbesondere dann, wenn man auf den Luxus der Rückschau und die damit verbundene, etwas distanziertere Sichtweise verzichten muss. Der Preis einer Uhr entsteht jedoch nicht von ungefähr. Bis zu einem gewissen Grad ist die Steigerung der Beliebtheit des einen Modells wahrscheinlich auf die wachsende Beliebtheit eines anderen Modells zurückzuführen. Kommt beispielsweise eine Uhr bei einer Auktion für einen Rekordpreis unter den Hammer, wirkt sich das auf den gesamten Markt aus. Angesichts dieser Entwicklung möchten wir Ihnen die fünf Uhren vorstellen, deren Preise 2021 am massivsten gestiegen sind.
Vacheron Constantin Overseas
Vacheron Constantin war in der Welt der Luxusuhren schon immer ein Gigant. Als Schöpfer einiger der prächtigsten Uhren aller Zeiten ist die Marke Teil der sogenannten Heiligen Dreifaltigkeit der Uhrenbranche. Mit seiner über 260-jährigen Geschichte ist Vacheron Constantin nicht nur einer der renommiertesten Uhrenhersteller der Welt, sondern auch derjenige, der am längsten ohne Unterbrechung im Geschäft war. Im Laufe der Jahre wurde Vacheron Constantin oft für verschiedene Uhrenmodelle gefeiert. Das begehrteste Modell aus dem aktuellen Katalog ist wohl die Vacheron Constantin Overseas.
Wie bei vielen interessanten Uhrendesigns wurde auch die Vacheron Constantin Overseas entwickelt, um schwierigen Marktbedingungen etwas entgegenzusetzen. Es begann in den 1970er-Jahren. Audemars Piguet hatte gerade die unverschämt moderne und genial unerhörte Royal Oak auf den Markt gebracht – die erste Luxus-Sportuhr, die komplett aus Stahl bestand. Wie viele andere Marken auch, versuchte Vacheron, mit dieser neuen Art von Luxuszeitmesser zu konkurrieren. Das Ergebnis war die Vacheron Constantin 222.
In den späten 1990er-Jahren knüpfte Vacheron Constantin mit der Overseas an das Erbe der 222 an. Das Gehäuse war größer, die Lünette markanter und eher im Industrial-Stil gehalten. Es folgten diverse Neuauflagen und überarbeitete Versionen der Overseas, um dem jeweiligen Zeitgeschmack Genüge zu tun. Im Jahr 2021 machte die Uhr in Sachen Popularität plötzlich einen Riesensatz nach oben und ihr Preis stieg laut den Daten von Chrono24 um durchschnittlich 51 %. Dieser Quantensprung ist wahrscheinlich auf mehrere Faktoren zurückzuführen. So werden z. B. andere Sportuhren aus Stahl mit integrierten Armbändern immer teurer und es wird immer schwieriger, ihrer habhaft zu werden. Auch die verstärkte Vermarktung und Präsenz von Vacheron auf den wichtigsten Märkten mag das Ihre beigetragen haben.
Audemars Piguet Royal Oak
Die bereits erwähnte Sensation, die Audemars Piguet Royal Oak, kam 1972 auf den Markt und erregte in der Uhrenwelt großes Aufsehen. Die immer noch sehr auf Edelmetalle fixierte Uhrengemeinde jener Zeit fand diese Uhr einfach nur „shocking“. Mit ihrem industriellen und leicht nautischen Design, dem großen Gehäuse und dem integrierten Armband sollte der berühmte Uhrendesigner Gérald Genta die Welt des Uhrendesigns auf Jahrzehnte prägen. Obwohl anfangs nicht sehr positiv aufgenommen, gewann die Royal Oak schnell an Popularität und ihr Preis ist seither unaufhaltsam gestiegen.
Ob Sie es glauben oder nicht, es ist noch nicht allzu lange her, da konnte man in ein Uhrengeschäft (es musste nicht einmal eine Boutique von Audemars Piguet sein) spazieren und mit der Royal Oak seiner Wahl wieder herauskommen – was für ein extravagantes Konzept! Leider scheinen diese Zeiten der Vergangenheit anzugehören. Inzwischen hat Audemars Piguet sein Vertriebsmodell geändert und konzentriert sich ausschließlich auf seine eigenen Boutiquen. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach Sportuhren aus Stahl explodiert und hat die Preise in die Höhe getrieben. Beispielsweise stiegen die Preise der Royal Oak auf dem Zweitmarkt allein im Jahr 2021 um 60 %.
Chopard St. Moritz
Der Name Chopard St. Moritz sagt sicher nicht jedem etwas. Wie die Royal Oak von Audemars Piguet ist auch die St. Moritz von Chopard eine moderne Luxus-Sportuhr aus Stahl mit integriertem Armband. Geschaffen wurde sie 1980 von Karl-Friedrich Scheufele, dem heutigen Co-Präsidenten der Marke. Zwar haben sicher auch andere Stahluhren mit integrierten Armbändern aus dieser Zeit das Design der St. Moritz mit geprägt. Ihre plötzliche Renaissance im Jahr 2021 ist dennoch kein reiner Zufall.
Im Jahr 2019 brachte Chopard eine neue Kollektion namens Alpine Eagle heraus. Sie ist der spirituelle und ästhetische Nachfolger der St. Moritz. Werden alte Uhrenmodelle neu aufgelegt, steigt offenbar auch das Interesse an den Originalen deutlich. Das ist ein merkwürdiges Phänomen, das mit der zunehmenden Beliebtheit von Vintage-Modellen begann. Sei der Hintergrund nun reine Spekulation über das Investitionspotenzial einer Uhr oder der echte Wunsch, in die Geschichte einer Marke einzutauchen, dieser Trend scheint uns in jedem Fall erhalten zu bleiben. Im Fall der St. Moritz hat die erhöhte Aufmerksamkeit 2021 zu einem Wertzuwachs von 28 % auf dem Zweitmarkt geführt.
Rolex Daytona
Ah, die Daytona: Zentrales Thema fast jedes Uhren-Blogs in den sozialen Medien. Die Uhr, auf die kein autorisierter Rolex-Händler der Welt seinen Kunden ernsthafte Hoffnungen machen kann. Obwohl schon extrem gut etabliert, verzeichnete die aktuelle Keramik-Daytona im Jahr 2021 einen nochmaligen Wertzuwachs von 38%. Aber wen überrascht das denn wirklich noch? Schließlich ist die Daytona die Blaupause für praktisch alle anderen Sportchronographen aus Stahl.
Man könnte sogar behaupten, dass insbesondere die Rolex Daytona nicht nur für den Anstieg des Interesses an Sportuhren aus Stahl, sondern auch an Vintage-Modellen im Allgemeinen verantwortlich ist. Als im Jahr 2017 Paul Newmans Daytona Ref. 6239 für mehr als 15 Millionen Euro versteigert wurde, war sie (kurzzeitig) die teuerste jemals verkaufte Armbanduhr. Dieser Moment war wie der Funke, der Rom in Brand setzte, nur dass anstelle von Neros Fiedel ein Hammerschlag die Heimsuchung einläutete. Seitdem scheint sich der Uhrenmarkt in eine rasende Lokomotive verwandelt zu haben, die in kürzester Zeit einen Verkaufsrekord nach dem anderen bricht.
Patek Philippe Aquanaut
Viele Jahre war die Aquanaut so etwas wie das schwarze Schaf im Hause Patek Philippe. Bis vor Kurzem stand nämlich vor allem eine andere Stahl-Sportuhr von Patek Teil im Zentrum des Stahluhr-Hypes: die Nautilus Ref. 5711 – genau, die zweite, etwas maritim anmutende Stahl-Sportuhr von Genta aus den 1970er-Jahren. Dann traf Patek Philippe Ende Januar 2021 die etwas schockierende, erwartete und intensiv diskutierte Entscheidung, die Nautilus 5711 einzustellen.
Das katapultierte die Nachfrage nach der 5711 quasi sofort von der erdnahen Umlaufbahn in die äußersten Bereiche des Sonnensystems. Sechsstellige Beträge und mehr sind keine Seltenheit. Gleichzeitig gewann die Patek Philippe Aquanaut durch mehrere erfolgreiche Aktualisierungen und eine größere Bandbreite in den Jahren 2018 und 2019 an Dynamik. Dieser Vorsprung führte zu einem Preisanstieg von 42 % bei den modernen Aquanaut-Modellen. Im Gegensatz zu einigen anderen angesagten Uhren, bei denen die Zeichen eher auf eine Abflachung der Preiskurve hindeuten, ist jedoch davon auszugehen, dass die Preise für die Aquanaut im kommenden Jahr immer weiter steigen werden.
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