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Uhrenteile im Fokus: Das Uhrenglas

Von Chrono24
23. April 2025
5 Minuten
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Uhrenteile im Fokus: Das Uhrenglas

Eigentlich ist es ein Widerspruch: Der wichtigste Teil einer Uhr, das Uhrwerk, liegt lediglich unter dem Zifferblatt und einer Schicht aus Glas. Besonders das Uhrenglas gerät durch seine exponierte Stelle in direkten Kontakt mit allen Einflüssen, denen sich Uhrenträger und Uhrenträgerinnen regelmäßig aussetzen. Alles Wissenswerte über das Glas, welches das kostbare Innere unserer Armbanduhren so zuverlässig schützt, lesen Sie im nachfolgenden Artikel.

 

Die Geschichte der Uhrengläser

Früher, als Taschenuhren noch vorrangig vertreten waren, diente ein Sprungdeckel als Schutz für Uhrenglas und Zifferblatt. Diese Taschenuhren mit Deckel wurden auch als Savonette-Uhren (französisch für „Seifchen“) bezeichnet. Mit dem Siegeszug der Armbanduhren verschwanden jedoch nicht nur nach und nach die Taschenuhren aus dem Alltag, sondern auch ihre Sprungdeckel. Die Uhr lag nun am Handgelenk, wo sie weitaus bequemer gelesen werden konnte, allerdings auch nicht mehr so gut geschützt war. Da Armbanduhren damals immer auch die Funktion eines Werkzeugs hatten, mussten sie natürlich den Gegebenheiten ihrer Träger angepasst werden.

Die Uhrenhersteller sahen sich neben Alltagsanforderungen, denen die Uhren ausgesetzt waren, auch mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass sichere Uhrengläser oftmals zulasten der Ablesbarkeit gingen. Deswegen wurde und wird immer weiter geforscht, um ein sicheres und gleichzeitig gut ablesbares Uhrenglas zu entwickeln.

 

Welche Arten von Uhrengläsern gibt es?

Wir stellen Ihnen im Folgenden die wichtigsten und am weitesten verbreiteten Arten von Uhrengläsern vor. Allgemein lassen sich die verwendeten Uhrengläser drei unterschiedlichen Gruppen zuordnen: Mineralgläser, Kunststoffgläser und Saphirgläser.

 

Vom Mineral- zum Kunststoffglas

Die ersten Uhrengläser bestanden aus ungehärtetem Mineralglas, wie es auch in Fenstern verwendet wurde. Dies machte die Uhren allerdings nicht sehr bruchsicher und man lief immer Gefahr, dass die Splitter beim Brechen des Glases das Zifferblatt oder sogar das Uhrwerk beschädigen konnten.

Anfang der 30er Jahre kam dann Kunststoffglas, auch als Hesalit- oder Acrylglas bezeichnet, auf den Markt. Kunststoffglas wird aus Polymethylmethacrylat (PMMA) hergestellt. Diese Alternative zum Mineralglas galt als Innovation und war damals dementsprechend exklusiv. So verwendete Panerai Acrylgläser für seine Radiomir Uhrenmodelle, die an die italienische Marine geliefert wurden. Neben der erhöhten Bruchsicherheit war insbesondere die gute Ablesbarkeit unter Wasser für die Taucher von größter Wichtigkeit. Da PMMA aber in geringem Maße osmotisch ist, können bereits kleinste Mengen Wasser durch das Uhrenglas in die Uhr eindringen. Bei Taucheruhren wurde dem durch armierte Gläser entgegengewirkt. Bei der Armierung werden die Uhrengläser durch einen Metallring fixiert, der außerdem das Schrumpfen oder Verformen des Glases bei Druck und Wärme ausschließt. Auch Omega setzte bei seiner berüchtigten Speedmaster, die als erste Uhr zum Mond flog, auf Hesalitglas, da dieses über eine hohe Schlagfestigkeit verfügt.

Die Omega Speedmaster Professional wird auch heute noch sowohl mit Saphir-, als auch mit dem ikonischen Hesalitglas angeboten.
Die Omega Speedmaster Professional wird auch heute noch sowohl mit Saphir-, als auch mit dem ikonischen Hesalitglas angeboten.

Aufgrund seiner geringen Dichte kann Kunststoffglas allerdings leicht zerkratzen. Da es sich jedoch gut polieren lässt, muss dieser Umstand nicht zum Nachteil gereichen, kann aber als kleiner Makel gesehen werden. Die Zifferblätter von Luxusuhren mit Kunststoffgläsern können darüber hinaus mit der Zeit und unter anhaltender UV-Einstrahlung vergilben. Dies kann für einige Uhrenenthusiasten allerdings auch ein Beweggrund sein, eine bestimmte Luxusuhr eben genau aus diesem Grund zu erwerben. Besonders bei vintage Rolex Modellen führt dieser Effekt zu einem regen Kaufinteresse.

 

Gehärtetes Mineralglas

Wurde Mineralglas früher noch thermisch gehärtet, ging man in den 70er-Jahren dazu über, das Glas durch ein Salzbad härter zu machen. Die Spannungsverteilung ließ sich dadurch besser einstellen und auch lediglich 1 mm dicke Uhrengläser wurden so zu extrem widerstandsfähigen Oberflächen. Mineralglas kann außerdem durch das Hinzufügen von Aluminiumoxid und Boroxid weiter veredelt und seine Kratzanfälligkeit gegenüber Kunststoffgläsern signifikant verbessert werden. Einige Hersteller, wie zum Beispiel Seiko, sprechen in diesem Fall von Hardlex-Glas. Allerdings lassen sich Kratzer, wenn sie dann doch einmal entstanden sind, nicht so leicht polieren wie beim Uhrenglas aus Kunststoff.

Mineralgläser werden gerne bei Einsteiger-Uhrenmarken eingesetzt. Seiko bietet mit ihrem Hardlexglas eine besonders kratzresistente Variante des Mineralglases.
Mineralgläser werden gerne bei Einsteiger-Uhrenmarken eingesetzt. Seiko bietet mit ihrem Hardlexglas eine besonders kratzresistente Variante des Mineralglases.

Gehärtetes Mineralglas erreicht einen Vickers-Wert von 400. Dieser Wert beschreibt die Härte von Werkstoffen. Bei dieser Härteprüfung wird der optische Eindruck nach einer Belastung mit einem Gewicht gemessen. Da sich dieser Test einfacher als andere Härteprüfungen durchführen lässt, hat sich die Angabe in Vickers als allgemein anerkannter Wert für Härte durchgesetzt. Die gehärteten Mineralgläser verdrängten aufgrund ihrer höheren Bruchsicherheit und ihres wertigeren Aussehens nach und nach die Kunststoffgläser. Lediglich bei Weckern wird weiterhin unabhängig vom Preissegment auf Uhrengläser aus Kunststoff zurückgegriffen.

 

Saphirglas: Ein Glas, das keines ist

Je länger eine Uhr mit Mineralglas getragen wurde, desto mehr sah und sieht man ihr dies auch an. So konnte es geschehen, dass Zifferblätter unter stark verkratzten Uhrengläsern mit der Zeit fast nicht mehr ablesbar waren, weil sich die tiefen Rillen nicht polieren ließen. Wenn man seinen gebrauchten Luxuszeitmesser verkaufen möchte, ist dies besonders hinderlich. Abhilfe schuf dabei die synthetische Herstellung von Saphiren im Verneuil-Verfahren. Hierbei entstehen birnenförmige Kristalle, die dann für die Uhrengläser zerschnitten, poliert und an die entsprechende Größe angepasst werden. Saphirglas hat keine amorphe, sondern eine kristalline Struktur. Weil die Herstellung aufwändig ist und die Rohstoffe teuer sind, die für Saphirglas benötigt werden, findet man Uhrengläser aus diesem Material bei Luxusuhren aus dem gehobenen Preissegment, wo es mittlerweile zum Standard geworden ist. Lediglich durch Diamanten könnte der Oberfläche Schaden zugefügt werden. Dennoch werden Uhren mit Saphirglas immer wieder wegen Kratzern zur Aufbereitung geschickt. Diese Spuren sind allerdings lediglich Hinterlassenschaften von weicheren Werkstoffen und können oft problemlos mit einem Radiergummi entfernt werden. Der einzige Wermutstropfen ist die stärkere Lichtbrechung von Saphirglas, durch die störende Reflexionen entstehen können. Diesen wird allerdings oft durch bestimmte Beschichtungen entgegengewirkt.

Ein Saphirglas ist bei Luxusuhren heutzutage so gut wie unabdingbar.
Ein Saphirglas ist bei Luxusuhren heutzutage so gut wie unabdingbar.

 

Eigenschaften der verschiedenen Uhrengläser im Vergleich

 

  Saphirglas Mineralglas Kunststoffglas
Kratzanfälligkeit sehr gering hoch sehr hoch
Spiegelung sehr stark (spezielle Beschichtungen können hier Abhilfe schaffen) gering sehr gering
Pflege/ Politur Unreinheiten auf der Oberfläche können mit Radiergummi beseitigt werden keine Politur möglich Politur möglich
Kosten teuer günstig sehr günstig

 

 

 

Glasqualität einer gebrauchten Uhr testen

Wenn Sie eine Uhr aus zweiter Hand oder auch ein vintage Modell erworben haben, kann es vorkommen, dass es manchmal nicht klar ist, von welcher Qualität das Glas über dem Zifferblatt ist. Wenn Sie jedoch mit ihrem Fingernagel behutsam auf das Glas klopfen, können Sie die Unterschiede der verschiedenen Uhrengläser deutlich hören. Bei hochwertig verarbeitetem Uhrenglas ist der Klang ein dumpfer, tiefer Ton. Bei weniger hochwertigen Gläsern und Modellen scheppert und klirrt es, wenn man auf das Glas klopft.

Neben einem auditiven Test, kann man auch einen visuellen Test zu Rate ziehen. Dafür müssen Sie lediglich einen Wassertropfen auf das Uhrenglas geben und beobachten, wie er am Glas hinunterläuft. Wenn er nur langsam hinunter rinnt, handelt es sich um hochwertiges Saphirglas. Läuft der Tropfen dagegen schnell herunter, dann bedeckt höchstwahrscheinlich ein günstigeres Mineralglas Ihre Uhr.

 

Ist das Glas entscheidend beim Uhrenkauf?

So wichtig das Uhrenglas für den Schutz des Zifferblattes auch ist, es sollte allerdings nicht entscheidend beim Erwerb einer Uhr sein. Stöße, die gehärtetes Mineralglas brechen lassen, tun im Allgemeinen auch dem Inneren der Uhr nicht gut. Das Uhrenglas alleine macht Ihre Uhr also nicht robuster, weshalb Sie generell Wert auf eine rundum gute Qualität der Uhr legen sollten.

Grundsätzlich sollten Sie sich immer für die Uhr entscheiden, die Ihnen am besten gefällt. Ein recht simpler Hinweis. Jedoch ist es wichtig, sich bei der großen Anzahl von Faktoren, die zur Entscheidung für eine Uhr führen, immer wieder klar zu machen, was man an Uhrenmodellen mag oder eben nicht. So werden Sie sich am Ende garantiert für die passende Uhr entscheiden. Es gibt viele unterschiedliche Geschmäcker, die wiederum Einfluss darauf haben, welcher Zeitmesser von welcher Marke für einen Kauf infrage kommt. Ein Modell mit Kunststoffglas kann durch seine Patina beispielsweise einen besonderen Reiz auf Uhrensammler ausüben, denn für viele liegt der Reiz beim Sammeln von Uhren nicht in der Materialität einer Uhr, sondern in der Geschichte, die sie erzählt. Hingegen ist ein uneingeschränkter klarer Blick durch das Uhrenglas aufs Zifferblatt das, was wir am häufigsten von unserer Uhr erwarten.

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