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Vintage Quarz-Uhren – einen Blick wert oder nicht?

Von Theodossios Theodoridis
21. Juli 2020
5 Minuten
Header 2_1_Vintage Quartz – Omega Seamaster – ZEIGR-7242

Vintage Quarz-Uhren – einen Blick wert oder nicht?

Quarz-Uhren haben ein ziemlich schlechtes Image. Vor allem bei anspruchsvollen Uhren-Sammlern und Connaisseuren. Das kann ich sogar verstehen – allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Natürlich ist es ernüchternd, wenn man eine Uhr öffnet, die äußerlich wie ein Klassiker aussieht und im Inneren kommen dann viel weißes Plastik (Werkhaltering), ein winziges Werk mit Batterie, eine Spule und weitere nicht sehr ansehnliche Bauteile zum Vorschein. Zumindest ging es mir so, als ich zum ersten Mal eine analoge Quarzuhr öffnete. Ich war regelrecht enttäuscht. Da war keine Uhrmacherkunst zu sehen – es war einfach nur Elektrotechnik auf kleinstem Raum. Und Plastik.

Schöne Quarzwerke – gibt es die überhaupt?

Umso größer war aber meine Freude, als ich zum ersten Mal eine Vintage Omega Seamaster Quartz aus den 70er Jahren öffnete. Mir bot sich ein ganz anderes Bild. Natürlich waren da Leiterbahnen, ein Chip und eine Batterie zu sehen. Aber auch rot-vergoldete (!) Werkteile. Und vor allem: Es war Mechanik zu sehen.

Werk der Omega Seamaster Quartz, Bild: Zeigr
Werk der Omega Seamaster Quartz, Bild: Zeigr

Und damit es noch etwas deutlicher wird, dass Quarzwerk keineswegs gleich Quarzwerk ist, habe ich beide Uhren noch einmal herausgesucht, geöffnet und direkt nebeneinandergelegt:

Links: Vintage Omega Seamaster Quartz, ca. 1977, Kaliber 1342. Rechts: Fossil-Quarzuhr mit Triple Date und Mondphase (ca. Ende 80er/Anfang 90er Jahre), Bild: Zeigr
Links: Vintage Omega Seamaster Quartz, ca. 1977, Kaliber 1342. Rechts: Fossil-Quarzuhr mit Triple Date und Mondphase (ca. Ende 80er/Anfang 90er Jahre), Bild: Zeigr

Selbst der eingeschworenste Quarz-Gegner wird zugeben müssen: Da gibt es Unterschiede. Ob die nun ausreichen, um ein Quarzwerk als schön zu bezeichnen oder nicht, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Wenn Sie mich fragen: Ich mag diese alten „Edel-Quarzwerke“, die verschiedene Luxusuhren-Hersteller während der Quarzkrise entwickelt und verbaut haben. Ich finde sie einfach spannend.

Und was man nicht vergessen darf: Diese alten Luxus-Quarzuhren repräsentieren ein nicht ganz unwichtiges Kapitel in der bisherigen Uhrengeschichte. Wer historisch interessiert ist, kommt um sie – und um Quarzuhren im Allgemeinen – nicht herum.

Danke, Quarzkrise!

Die Quarzkrise war ein harter Schlag für die damals etablierten Hersteller mechanischer Uhren. Ende der Sechziger/Anfang der 70er Jahren kamen die wesentlich präziseren, günstigeren und unkomplizierteren Quarzuhren aus Japan auf den Markt. Sie machten mechanische Uhren nahezu überflüssig – stellten sie sogar in den Schatten. Denn wenn es um die Hauptaufgabe einer Uhr geht, möglichst präzise und zuverlässig die Zeit anzuzeigen, sind Quarz-Uhren klar im Vorteil. Das erkannte wohl auch der durchschnittliche Uhrenkäufer und griff zu den modernen Zeitmessern. Die gute alte mechanische Uhr hatte ausgedient. Das wiederum bedeutete für viele Schweizer und deutsche Produzenten mechanischer Uhren die Pleite. Davon gab es leider sehr viele.

Einige bekannte Schweizer Hersteller passten sich jedoch, ob sie nun wollten oder nicht, der Zeit an und begannen mit der eigenen Produktion von Quarzuhren. Und so dramatisch die Quarzkrise damals gewesen sein muss, wir verdanken ihr heute einige sehr interessante Quarz-Modelle bekannter Luxusmarken. Mit dabei: Omega, Jaeger LeCoultre, IWC, Cartier, Heuer, Breitling, Girard Perregaux – und sogar Patek Philippe und Rolex.

Ja, richtig gelesen. All diese Traditionsmarken haben damals auf Quarzuhren gesetzt und bis heute überlebt. Trotz, oder vielleicht sogar wegen, der Quarzuhr. Einige haben sogar nach wie vor Quarz-Modelle im Programm, hängen dies aber nicht an die „große Glocke“. Das hat sicherlich Image-Gründe. Mechanik gilt einfach als edler und luxuriöser.

Uhren im Space Age & 70er Jahre Design – man muss es mögen

Also, mein Tipp lautet, sich zunächst einmal von Vorurteilen frei zu machen und ein wenig bei den großen Uhrenmarken nach schönen Vintage-Quarzmodellen zu stöbern. Dabei wird dem Suchenden garantiert das eine oder andere 70er-Design begegnen, das mehr verwundert als begeistert. Schließlich entspringen einige dieser Uhren direkt dem experimentierfreudigem „Space Age“:

Omega Seamaster TV
Omega Seamaster TV

Wer ein wenig Geduld mitbringt, findet aber garantiert das eine oder andere Quarz-Schätzchen mit etwas gefälligerem Design. So wie diese Vintage-Taucheruhr, die ich vor einigen Jahren gekauft habe, weil ich unbedingt eine Vintage Heuer in meiner Sammlung haben wollte. Es ist eine 80er Jahre Heuer Professional 1000 Metres (Ref. 980.023) – noch vor der Fusion mit TAG:

Heuer Professional 1000M Quartz
Heuer Professional 1000M Quartz

Vintage-Quarzuhren: Vor- und Nachteile

Ein großer Vorteil dieser Uhren ist – neben der Präzision und den recht anspruchslosen Werken – der Preis. Denn Vintage-Quarzuhren sind weit davon entfernt, ein Hype zu sein. Und das schlägt sich oft in den Preisen nieder. Wie gesagt, sie haben ein schlechtes Image und der durchschnittliche Uhren-Snob rümpft die Nase – und geht diesen Zeitmessern eher aus dem Weg.

Vorurteilsfreie Sammler hingegen nutzen die Chance und kaufen diese, mitunter recht seltenen Uhren, zu vergleichsweise niedrigen Preisen. Denn in der Regel sind Vintage-Quarzuhren um einiges günstiger als ihre mechanischen und äußerlich fast identischen Pendants.

Als Nachteil gilt das Thema Reparatur bzw. Revision dieser Uhren. Zumindest, wenn es nach der gängigen Meinung geht. Und um gleich mit dem Vorurteil aufzuräumen: Quarzuhren können problemlos 20, 30 und mehr Jahre ihren Dienst verrichten, ohne in die Reparatur oder Revision zu müssen. Einzig ein Batteriewechsel wird hin und wieder nötig sein. Ihre mechanischen Pendants sind hier um einiges anfälliger und pflegebedürftiger. Mit ein Grund übrigens, warum Militärs heutzutage eher auf Quarzuhren setzen als auf teure, reparaturanfällige und revisionsbedürftige mechanische Uhren. Interessant, oder?

Heuer Professional 1000M Quartz, geöffnet
Heuer Professional 1000M Quartz, geöffnet

Und falls es doch mal einen Defekt gibt? Nun, Quarzuhren kann man durchaus reparieren lassen. Uhrmacher lernen es heute noch – davon konnte ich mich selbst bei einem Besuch in der Glashütter Uhrmacherschule überzeugen. Ob sie Lust darauf haben und ob sich der Aufwand für sie oder den Kunden lohnt, ist natürlich andere Sache. Generell gilt: Je günstiger eine Quarzuhr, desto weniger lohnt es sich. Je wertvoller und seltener die Uhr ist, desto mehr sollte man darüber nachdenken.

Und was ist mit Ersatzteilen für Quarzuhren? Hier könnte es tatsächlich schwierig werden. Das gilt aber für einige Vintage-Uhren. Egal, ob mechanisch oder Quarz. Am besten recherchiert man vor dem Kauf, um welches Werk es sich handelt und wie es mit den Ersatzteilen bzw. Ersatzwerken aussieht. Es soll sogar Sammler geben, die zu einer frisch gekauften Vintage-Quarzuhr gleich eine zweite mit demselben Werk dazu kaufen – als Ersatzteillager oder Tauschwerk. In dem Fall ist es auch egal, wie diese zweite Uhr aussieht. Es geht ja in erster Linie um das Werk.

Natürlich kann man seine Vintage-Quarzuhr auch direkt zum Hersteller schicken. Dann wird es allerdings (noch) kostspieliger – und lohnt sich meist nur bei den ganz seltenen und teuren Uhren.

Wer nun selbst ein wenig schauen und stöbern möchte, hier drei schnelle Vintage-Quarz-Tipps:

  • Omega Seamaster, Geneve, Constellation
  • Jaeger LeCoultre Master Quartz
  • Heuer Professional, Kentucky

Die Königin der Quarzuhren

Ja, selbst Rolex hat Ende der 70er Jahre eine Quarzuhr auf den Markt gebracht. Heute kaum denkbar – aber so war es damals. Mit der Rolex Oysterquartz wollte und musste wohl die Genfer Uhrenmarke dem Zeitgeist folgen. Und das nicht nur in Sachen Quarz-Werk, sondern auch, was das Design angeht. Das Ergebnis war eine recht markant – fast schon kantige – Rolex mit integriertem Band.

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Heute stellen diese Modelle einen vergleichsweise günstigen Einstieg in die Welt von Vintage-Rolex-Uhren dar. Die Preise beginnen derzeit unterhalb der 3.000-Euro-Marke.

Soweit also zum Thema Vintage-Quarzuhren. Ob sie einen Blick wert sind, muss nun jeder für sich entscheiden. Allerdings hoffe ich, dass ich mit diesem Artikel die gängigen Vorurteile und Bedenken gegenüber Vintage-Quarzuhren zumindest ein wenig zur Seite schieben konnte.

[Wer noch mehr dazu lesen möchte, der findet in meinem Uhren-Blog ZEIGR weitere Artikel.]

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Über den Autor

Theodossios Theodoridis

Theodossios Theodoridis

Seit den 80er- und 90er-Jahren ist Theo von Uhren begeistert und besitzt bis heute ca. 40 Stück – darunter einige Vintage-Stücke, über die er schreibt.

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