12.08.2016
 3 Minuten

Der Wert von Luxusuhren

Von Isaac Wingold

Unterhält man sich mit Uhren-Interessierten oder auch anderen Sammlern über begehrte alte und neue Uhren, kommen fast immer irgendwann Fragen wie „ist die wirklich so viel wert?“ oder „warum ist der Preis so hoch?“. Um diese zu beantworten, sollte man darauf hinweisen, dass es sich bei Luxusuhren, wie der Name schon sagt, eben um Luxusgüter handelt. Die teilweise exorbitanten Preise, die man 2016 für eine Uhr zahlen muss, lassen sich tatsächlich zu einem gewissen Grad begründen. Um dies zu verdeutlichen, wollen wir drei Faktoren behandeln, die sich auf den Preis einer Uhr auswirken – Marketing, Finissage und Komplikationen – und uns ansehen, inwieweit sie die hohen Preise von Luxusuhren rechtfertigen.

Marketing

Wie man erwarten würde, kann sich das Marketing eines Uhrenherstellers durchaus darauf auswirken, wie wir die Preise seiner Produkte wahrnehmen. Einige Marken veranstalten Woche für Woche exklusive Events auf der ganzen Welt. Andere werben intensiv mit dem frisch eingekauften Namen einer vor langer Zeit gegründeten, aber inzwischen nicht mehr existenten Marke. Unabhängig von der Uhr selbst fällt es schwer, die kurzlebigen Marken, auf die diese Beschreibungen zutreffen, wirklich wertzuschätzen. Das heißt jedoch nicht, dass man immer einen Bogen um viel beworbene Uhren machen sollte.

Ein gutes Beispiel ist die Omega Speedmaster Professional, bzw. die „Monduhr“, wie sie in der Uhrenindustrie und unter Sammlern liebevoll genannt wird. Jedes Jahr gibt Omega nicht unerhebliche Summen aus, um weiterhin für eine Uhr zu werben, die sich in ihrer fast 60-jährigen Geschichte nur unwesentlich verändert hat. Der Grund dafür ist, dass diese Uhr so geschichtsträchtig und unmittelbar mit einer der größten Leistungen der Menschheit verbunden ist.

Mit knapp unter 5.000 Euro ist die Speedmaster beileibe keine billige Uhr, doch für Kenner und Liebhaber ist sie jeden Cent wert. Das liegt unter anderem an ihrem beeindruckenden, auf einem Lemania-Werk basierenden Kaliber 1861 mit Handaufzug und natürlich an ihrer großen historischen Bedeutung. Diese Merkmale und der Status dieser Uhr rechtfertigen, gerade im Vergleich zu anderen Uhren, ihren Preis, egal ob neu oder gebraucht.

Finissage

Der nächste Faktor, den es zu analysieren gilt, wenn man herausfinden möchte, warum das Preisschild so viele Nullen trägt, ist die Finissage. Für alle, die damit nichts anfangen können, eine kurze Erklärung: Ein Uhrwerk mag nach dem Zusammenbau rundum funktionstüchtig sein, doch ohne eine Nachbearbeitung kann es mit seinen nackten, scharfkantigen gefrästen Brücken recht spartanisch wirken.

Um ein wirklich schönes, einer Uhr der Spitzenklasse würdiges Werk zu schaffen, nutzen fähige Uhrmacher eine Vielzahl an Werkzeugen und Maschinen, um die einzelnen Bauteile auf verschiedenste Weise zu veredeln. Dazu gehören zum Beispiel die sogenannten Genfer Streifen, ein Zierschliff, bei dem breite Streifen eingefräst werden, und die Anglage, das Entgraten und Abschrägen der Brückenkanten.

Lange & Söhne Lange 1 Uhrwerk
Lange & Söhne Lange 1 Uhrwerk, Bild: © Bert Buijsrogge

Aufgrund der geringen Größe der meisten Werke und der erforderlichen Präzision sind all diese Veredlungsprozesse für den Uhrmacher extrem anspruchsvoll und zeitaufwändig und setzen jahrelange Ausbildung und Erfahrung voraus. Ist man sich dessen bewusst, versteht man leicht, warum selbst eine einfache Uhr mit reiner Zeitanzeige wie die A. Lange & Söhne 1815 bis über 20.000 Euro kosten kann. Nichtsdestotrotz sind schön verarbeitete Uhrwerke auch schon zu erschwinglicheren Preisen zu haben, was die Modelle von Marken wie Nomos und Grand Seiko sehr gut unter Beweis stellen.

Komplikationen

Ein letzter, aber nicht weniger einflussreicher Faktor für den Preis einer Uhr ist die Einarbeitung aufwändigster Komplikationen in das Uhrwerk. Für alle, die sich mit mechanischen Uhren nicht so gut auskennen: Eine Komplikation ist im Grunde eine technische Zusatzfunktion neben der Zeitanzeige, die das Werk gleichzeitig ausführen kann. Verständlicherweise hat eine Uhr mit mehr Komplikationen auch einen höheren Preis.

Nennenswerte Beispiele für beliebte Komplikationen, die vor langer Zeit entwickelt wurden und im 21. Jahrhundert eine Renaissance erleben, sind etwa Chronographen, ewige Kalender, Wecker, Minutenrepetitionen und viele andere. Uhren mit Komplikationen wie dem ewigen Kalender sind für gewöhnlich nicht unter einem beträchtlichen Preis zu haben. Das liegt daran, dass sehr viel Zeit investiert wird, um zu gewährleisten, dass das ausgeklügelte Kalendersystem immer richtig geht und dem eigentlichen Werk nicht zu viel Kraft raubt.

Patek Philippe 5270R-001-7061
Patek Philippe 5270R-001-7061, Bild: © Bert Buijsrogge

Über den Autor

Isaac Wingold

Isaac ist Fotograf und Autor aus Toronto mit einer Leidenschaft für außergewöhnliche Zeitmesser. Er bereicherte das Chrono24 Magazin von 2016 bis 2017 mit vielen …

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